Anarchie
Anarchismus
Antifaschismus
Baader,
Andreas
Baader-Meinhof-Gruppe
Bundesgrenzschutz (BGS)
Clash, The
Ensslin,
Gudrun
GSG 9
Guevara Serna, Ernesto (Che)
Kommunismus
Meinhof,
Ulrike
Meins, Holger
Pop-Art
Punkrock
Rote-Armee-Fraktion (RAF)
Ramones, The
Sex
Pistols
Terrorismus
Toten Hosen,
Die
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Anarchismus (von
griechisch anarchía: Herrschaftslosigkeit),
politisch-philosophische Denkrichtung, die im frühen
19. Jahrhundert entstand und die jedwede Form von Herrschaft und
deren Institutionen ablehnt. Zentrales Anliegen des Anarchismus
ist die Errichtung einer herrschaftsfreien Gesellschaft, d. h.
einer Gesellschaft ohne Unterdrückung und Ausbeutung, ohne
staatliche Institutionen wie Justiz und Militär, einer
Gesellschaft, deren Mitglieder frei, gleichberechtigt und
autoritätslos zusammenleben. Grundlegend ist die Freiheit des
Einzelnen, sich losgelöst von jeder Unterdrückung und Kontrolle
verwirklichen zu können – jedoch mit der Einschränkung, dass
anderen kein Schaden zugefügt werden darf. Hieraus folgt des
Weiteren das Recht der Allgemeinheit, auf Individuen, die den
Frieden der Gemeinschaft in gewalttätiger Form stören, eine
wirksame Form der sozialen Kontrolle auszuüben – allerdings ohne
sich hierzu irgendwelcher Herrschaftsinstrumente zu bedienen.
Man unterscheidet prinzipiell zwei anarchistische
Denkrichtungen: Neben dem individualistischen Anarchismus, wie
er in extremer Ausprägung etwa von Max Stirner (Der Einzige
und sein Eigentum, 1845) vertreten wurde, entwickelte sich
später die Idee eines kollektivistischen Anarchismus, der u. a.
die Abschaffung herkömmlicher Eigentumsansprüche propagierte.
Der philosophische Hintergrund des Anarchismus liegt
u. a. in der Lehre vom Gesellschaftsvertrag: Danach führt die
Freiheit von (vernünftig handelnden) Individuen zwangsläufig zu
einer harmonischen, sich fortschrittlich entwickelnden
Gesellschaft. Die der Französischen Revolution entlehnten Ideale
von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit bildeten zugleich
einen Berührungspunkt mit der frühen sozialistischen Bewegung
des 19. Jahrhunderts. Der Frühsozialist Pierre Joseph Proudhon
gilt allgemein als Begründer des kollektivistischen Anarchismus.
Mit seiner Kritik am nicht durch Arbeit erworbenen Eigentum
(Zinsen, Handelsgewinne etc.) und seiner Forderung nach
Abschaffung der bestehenden Eigentumsverhältnisse und einer
gleichmäßigen Umverteilung des Eigentums bereitete er den Boden
für den von Karl Marx beeinflussten revolutionären Anarchismus
Michail Bakunins. Nach Proudhon und seinen noch von der
französischen Aufklärung beeinflussten Vorläufern wie William
Godwin und Stirner sollte die Befreiung der Individuen zu ebenso
selbstverantwortlichem wie der Gemeinschaft verpflichtetem
Handeln jegliche (staatliche) Autorität langfristig überflüssig
machen. Während der kollektivistische Anarchismus z. B.
Proudhons Gewalt zur Durchsetzung seiner Ziele stets ablehnte
und auf friedliche soziale Reformen baute, strebt der
revolutionäre Anarchismus die Verwirklichung der klassenlosen
und von jeglicher staatlichen Autorität freien Gesellschaft auf
dem Wege der gewaltsamen Revolution an. Und während der
kollektivistische Anarchismus die Produktionsmittel als
Privateigentum, allerdings umverteilt von wenigen auf alle,
belassen will, will der revolutionäre Anarchismus die
Produktionsmittel, nicht aber die Konsumgüter in
Gemeinschaftseigentum überführen. In der Eigentumsfrage noch
einen Schritt weiter als der revolutionäre Anarchismus ging der
kommunistische Anarchismus oder Anarchokommunismus des Fürsten
Piotr Aleksejewitsch Kropotkin, der auch die Konsumgüter in
Allgemeineigentum überführt sehen wollte. Einen pazifistischen
Anarchismus vertrat der Dichter Lew Tolstoj in seinen Werken;
aus seiner Ablehnung jeder Form von Gewalt folgte die Ablehnung
jeder Art von Herrschaft.
Aufgrund unterschiedlicher Standpunkte zu Fragen der
persönlichen Freiheit gerieten Anarchismus und Sozialismus schon
bald zu konkurrierenden Bewegungen: Auf dem Kongress der
Internationalen Arbeiterassoziation, der Ersten Internationale,
wurden Michail Bakunin und seine Anhänger von den Sozialisten
unter der Führung von Karl Marx überstimmt; 1872 wurden die
Anarchisten aus der Internationale ausgeschlossen. Der zum Teil
schroffe Gegensatz zwischen Anarchisten und Sozialisten fand
seinen deutlichsten Ausdruck während des Spanischen
Bürgerkrieges (1936-1939): Auf der Seite der Republik kam es
zwischen der von den Anarchisten beherrschten syndikalistischen
Gewerkschaftsorganisation, die eine entscheidende Rolle im Kampf
gegen Franco spielte, und den Kommunisten und Sozialisten zu
erbitterten Richtungskämpfen.
Der Anarchismus fand vor allem in Frankreich und
Spanien zahlreiche Anhänger, beeinflusste hier stark die
Gewerkschaftsbewegung und wurde zu einer bedeutenden politischen
Kraft. Von Spanien aus griff der Anarchismus auch auf einige
Länder Lateinamerikas über und wirkte z. B. während der
Mexikanischen Revolution 1910/11 auch auf Emiliano Zapata. In
Russland hatten die Anarchisten wesentlichen Anteil am Sieg der
Revolution im Oktober 1917, wurden dann jedoch von den
Bolschewisten ausgeschaltet. In Deutschland, Österreich sowie in
den USA z. B. verfügte der Anarchismus über relativ wenig
Einfluss; weltweit verlor er nach dem 1. Weltkrieg außer in
Spanien an Bedeutung. Erst die Studentenbewegung der sechziger
Jahre sowie die Neue Linke bezogen sich wieder auf
anarchistisches Gedankengut.
Obgleich die meisten anarchistischen Theoretiker
Terrorismus und Gewalt als Mittel der Politik ablehnten, wurde
und wird der Anarchismus gemeinhin mit Gewaltbereitschaft
gleichgesetzt. Von einzelnen Anarchisten verübte Attentate, wie
jene auf Kaiser Wilhelm I., Zar Alexander II., die Kaiserin
Elisabeth, den italienischen König Umberto I., den
US-Präsidenten William McKinley, den griechischen König Georg I.
und den französischen Präsidenten Carnot gaben den weit
verbreiteten Vorurteilen beständig neue Nahrung, und zahlreiche
weitere Anschläge, wie etwa das Bombenattentat während der
Haymarket-Unruhen in Chicago 1886, die mit großer
Wahrscheinlichkeit nicht von Anarchisten begangen wurden,
schrieb man Tätern aus dem Umfeld des Anarchismus zu.
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