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Stefan A. Voser | | |
Koordinatensalat - Wenn das Koordinatensystem nicht paßt
Voser S. A., 1998
Koordinatensalat – Wenn das Koordinatensystem nicht paßt.
GeoBIT 5/98, S. 26-27. Herbert Wichmann Verlag, Hüthig Gmbh, Heidelberg, 1998.
Datenintegration und Datenaustausch haben eine zentrale Bedeutung beim Betreiben von
Geoinformationssystemen. Beim Zusammenführen von Geodaten ist ein einheitliches
Koordinatenreferenzsystem erforderlich.
Das Thema in Kürze
: Beschreibung der Problematik, die durch die Verwendung underschiedlicher
Koordinatensysteme entsteht.
Problem:
Beim Zusammenführen von Geodaten ist ein einheitliches Koordinatensystem erforderlich.
Lösung:
Durch geeingentes Koordinatensystemmanagement läßt sich das Problem weitestgehend
kontrollieren.
Top Einleitung
Die zu lösenden raumbezogenen Fragestellungen, welche mit GIS bearbeitet, verwaltet und nach
kartographischen Methoden visualisiert werden, beziehen sich auf die Erdoberfläche, die Erdkruste sowie
die
Atmosphäre. Der Mensch orientiert und bewegt sich hierbei an der Position relativ zur Erdoberfläche,
an
deren Form sowie der Lotrichtung. Der Betrachter trennt dabei die Lokalisierung von Objekten und
Erscheinungen nach deren Lage (Richtung, Distanz) und deren Höhe.
Zur quantitativen Orientierung im Raum, der Festlegung von absoluter und relativer Position, beruft
man sich
auf die Mathematik und verwendet hierzu Längen-, Winkel- und Zeitmasse, welche durch die Einführung
von
Koordinaten-, Bezugs- und Maßsystemen realisiert und umgesetzt werden.
Top Raumbezogene Koordinatensysteme
Die beschriebene kognitive Trennung von Lage und Höhe findet sich auch in der Geodäsie wieder, welche
u.a. nationale und internationale Lage- und Höhensysteme als Infrastruktur aufbaut, unterhält und zur
Verfügung stellt. Ursachen für die getrennte Betrachtung von Lage und Höhe liegen in den unterschiedlichen
Anforderungen, Voraussetzungen und physikalischen Gegebenheiten zur Einführung von Bezugssystemen:
Für die Formbeschreibung und die Referenzierung der Position relativ zur Erdoberfläche werden verschiedene
Rotationsellispoide verwendet, welche eine streng mathematische Form besitzen. Beispiele
für Ellipsoide:
Bessel 1841, Hayford 1909 (Internationales 1924), GRS80.
Solch eine Fläche genügt den Anforderungen an die Höhe nicht, da erstere sich nicht den lokalen
Gegebenheiten des Schwerefeldes anpaßt. Aus diesem Grund wird für die Höhenmessung als Bezugsfläche
das Geoid verwendet. Dieses ist physikalisch definiert und von komplexer geometrischer
und mathematischer
Form. Es bewirkt jedoch, daß Wasser auch numerisch (im hierfür eingeführten Koordinatensystem) von oben
nach unten fließt.
Das Berechnen von Winkeln, Flächen und Distanzen auf einem Rotationsellipsoid ist komplex und aufwendig.
Aus diesem Grund wird die auf die Referenzfläche projizierte Lageinformation durch eine Kartenprojektion
in
die Ebene abgebildet, um darauf die Gesetze der klassischen euklidischen Geometrie anzuwenden.
Beispiele von Kartenprojektionen sind: Gauß-Krüger-Abbildung, UTM, Schiefachsige Mercatorabbildung,
konforme Kegelabbildung von Lambert, etc.
Abbildung 1 stellt den Weg von der Erdoberfläche zu Lagekoordinaten dar.
- Abbildung 1: Von der Erdoberfläche zu Lagekoordinaten

Top Neue Entwicklungen
Sowohl Bezugssysteme als auch Kartenprojektionen sind historisch und politisch gewachsen, wobei deren
Verwendung für zuvor festgelegte Gebiete optimiert werden, und berücksichtigen dabei zumeist nationale,
internationale oder institutionelle Interessen.
Neue technologische Entwicklungen, welche eine immer stärkere Verbreitung finden, wie z.B. Fernerkundung
oder GPS, liefern Daten in einem weltweit einheitlichen Koordinatensystem, dem WGS84 (World Geodetic
System 1984), welches im Erdschwerpunkt gelagert ist. In diesem Koordinatensystem werden internationale
Festpunktfelder eingemessen, z.B. ITRF (International Terrestrial Reference Frame) oder ETRF (European
Terrestrial Reference Frame), welche es ermöglichen, die bestehenden nationalen Koordinaten- und
Bezugssysteme an das übergeordnete Koordinatensystem anzuschließen und die Transformationen zwischen
den Systemen zu bestimmen und durchzuführen.
Infolge dieser neuen Entwicklungen werden nun in vielen Ländern neuen Bezugssysteme eingeführt, welche
global gelagert sind und keinen Wechsel des Bezugssystems mehr notwendig machen. Für Deutschland
beispielsweise ist das ETRS89 System von der Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen (AdV)
1995 beschlossen worden. Diesem Beschluß angegliedert ist die Einführung der UTM-Kartenprojektion,
welche die bestehenden Gauß-Krüger-Koordinaten ablösen wird.
Top Datenintegration
Die Integration von Geodaten kann bedeuten, daß diese in unterschiedlichen Koordinatensystemen
vorliegen. Der Nutzen von zusammengeführten Geodaten ist jedoch erst gewährt, wenn die Geodaten in einem
einheitlichen Koordinatensystem vorliegen. Die Homogenisierung der Koordinaten verlangt die Kenntnis
der
Projektion inklusive deren Parameter, die des zugrundeliegende Referenzellipsoid sowie dessen Lagerung
(Datum) und Orientierung im Raum.
Beispiel: Im Grenzgebiet Deutschland-Österreich sollen amtliche Daten, z.B. Liegenschaftskarten, der
beiden
Länder zusammengeführt werden. Beide Länder benutzen die Gauß-Krüger-Projektion auf dem Besselellipsoid
für große und mittlere Maßstäbe, jedoch sind es nicht dieselben Koordinatensysteme - das Besselellipsoid
ist
in beiden Ländern unterschiedlich gelagert (Datum Rauenberg für Deutschland, Datum Hermannskogel für
Österreich), und auch die Projektion ist nach anderen Kriterien parametrisiert.
Top Datenformate und Schnittstellen
Bei der Integration von Geodaten ist es wichtig, daß das Koordinatensystem vollständig spezifiziert
ist und im
Datenformat mitgeliefert wird. Dies ist notwendig, um in Zukunft ein automatisiertes
Koordinatensystemmanagement bei der Datenintegration zu ermöglichen. Heutzutage verbreitete Formate
vernachlässigen diese Information (z.B. DXF, EDBS), bilden nur die Datenstruktur eines Programmes mit
dessen Referenzmodell ab (z.B. das Arc/Info-Export-Format E00 von ESRI), oder verwenden kodierte
Informationen eines Geodätischen Referenzmodells (z.B. GeoTIFF für Rasterdaten).
Das Koordinatensystemmanagement gehört zur leistungsfähigen Funktionalität einer Schnittstelle, um die
Koordinatentransformation bei der Datenintegration zu ermöglichen. Die Schwierigkeit des
Koordinatensystemmanagements liegt in der Vielzahl der unterschiedlichen Modellierungen, des
unterschiedlichen Umfangs der Modellierung und der Programmfunktionalität der Schnittstelle. Insbesondere
ist es nicht möglich, aus einem ohne Koordinatensystemdefinition gelieferten Datensatz das
Koordinatensystem eindeutig zuzuweisen. Zudem liegt ein verbreitetes Problem in der Beschaffung der
Transformationsparameter, selbst wenn das Koordinatensystem bekannt ist.
Top Standardisierung
Damit das Koordinatensystemmanagement bei der Datenintegration gewährleistet ist, damit es in
unterschiedlicher Software und für unterschiedliche Datenformate möglich ist, muß ein zugrundeliegendes
Referenzmodell zur Verwaltung von Koordinatensystemen sowie zu deren Transformation aufgebaut werden.
Auf internationaler Ebene laufen hierfür z.B. Bestrebungen bei ISO und CEN in der Normierung und beim
OpenGIS Consortium, welches Interoperabilität auf technischer Ebene anstrebt. Es findet dabei eine
Kooperation zwischen diesen Gremien statt.
Top Referenz
MapRef- die Sammlung nationaler Kartenprojektionen und Referenzsysteme
===>> http://www.geocities.com/mapref/mapref.html
Top MapRef - © by Stefan A. Voser; Last Update: 28. October 2001
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