J.M.M. Thurlings ist der Autor von u. m. die Webveröffentlichung
                                              - THE CONTROVERSY ROME-REFORMATION
                                                AS A HISTORICAL MISUNDERSTANDING
 

J.M.M. Thurlings                                                              English  Nederlands   Français

Anschein und Wesen. Eine neue Sicht auf die Datierung des Lukas-Evangeliums in Zusammenhang mit anderen Datierungen

Es scheint fast kein Gegenstand der Diskussion mehr zu sein, daß das Lukas-evangelium datiert werden muß nach dem Jahre 70. Im Lauf der Zeit hat man dies auch getan mit den anderen Evangelien. Ein wichtiger Grund hierfür sind die Skizzen des Untergangs von Jerusalem in Jesu Rede über dieses Thema. Während Marcus und Matthäus ziemlich vag darüber sind, skizziert Lukas diesen in aller Schärfe. Trotzdem ist auch das Entstehungsdatum der zwei anderen synoptischen Evangelien allmählich auf diese Seite dieses Jahres gekommen. Dies findet ihren Grund darin, daß um der Vorsicht willen ein spätes Datum angenommen wird, wodurch man meint jedes Risiko des Irrtums vermeiden zu können. Dies aber hat allmählich ein selbständiges Leben bekommen, so daß man heute angefangen hat zu denken, die Gelehrten, wenn sie dieses späte Datum auch nicht festgestellt haben, haben es dennoch es als Resultat gewonnen. Dies wird nich von bestimmten Amateuren verstärkt.
Nun hat es mir immer gewundert, daß Lukas die Zerstörung Jerusalems genau skizziert, und was der Grund ist dieses Evangelium nach 70 zu datieren, aber in der Apostelgeschichte (vom selben Autor) gar nicht erzählt, wie es dem Paulus vorm Gericht des Kaisers verging, geschweige denn es melde seinen Tod, sondern endet mit seinem Aufenthalt in Abwartung dessen.
Wenn man sagt: Die Apostelgeschichte geht bis zu Pauli Aufenthalt zu Rom, einfach damit man ein geeignetes Ende hat, so bleibt es wundern, daß noch zwei Jahre dieses Aufenthalts erwähnt werden.
Die Nichterwähnung des Gerichtsurteils kan zwei Gründe haben:
Entweder am Moment der Beendung der Apostelgeschichte stand der Urteil noch nicht fest. Aber in diesem Fall muß es eine Wartezeit vom mehr als zwei Jahre gegeben haben und dies ist nicht ausgeschossen (oder ist es?).
Oder der Urteil ist um jene Zeit (während die zwei Jahre oder gleich danach) ganz entschieden gefällt worden, aber war so allgemein bekannt, daß der Autor der Selbstverständlichkeit wegen das nicht erwähnt hat. Dies wirkt aber nur so - wieder -, wenn die Apostelgeschichte nicht zu lange nach diesem Urteil geschrieben worden ist.
Wäre es aber viele Jahre später geschrieben, so gibt es ja nicht mehr diese Selbstverständlichkeit und man würde erwarten müssen, daß wenigstens beschrieben wäre wie es mit dem Appell am Kaiser vergangen war. Oder hatte eine dramatische Aktualität eine lange Nachwirkung, bis nach 70, gehabt? Z.B. das der Urteil gleichgültig geworden is, jetzt da der Paulus den Märtyrertod gestorben ist?
Unsere Vermutungen werden in diese Richtungen geschoben durch die scharfe Skizzen vom Untergang Jerusalems. Um so mehr da der Autor, obgleich er sich auf (Ur-)Marcusn1 gründet, hiervon mit seiner Wiedergabe sehr stark abweicht. Der handgreiflicher Grund hierfür ist ja, daß das beschriebene dramatische Ereignis sich in der Zwischenzeit schon vollzogen hat und eingefügt worden ist.
Bisher scheint der heutige Konsens überstehende Erwägungen zu etwas abgemachtes zu machen. Aber sie gewinnt wieder die höchste Aktualität, wenn wir einsehen, daß es eine andere Erläuterung gibt für (so will ich es nennen) die Abweichung des Lukas.
Es regt namentlich die Aufmerksamkeit, daß der griechischschreibende Autor seine Informanten manchmal nicht verstanden oder begriffen hat und sie falsch wiedergibt, was wahrscheinlich macht, daß er auch griechischsprechend war. Dies zu sehen beobachten wir eine andere Passage und zwar die meist extravagante Erzählung, die die Apostelgeschichte (Kap. 8) enthält, über die Taufe vom Schatzmeister Äthiopiens. Wir lesen dort, daß von einem Engel gemahnt, der Evangelist Philippus von Samaria nach dem Weg geht der nach dem Süden führt; dort bei Gaza steigt der Evangelist in einen Wagen auf dem der Schatzmeister Äthiopiens sitzt, auf Rückfahrt von Jerusalem, und Jesaja liest; der Philippus überzeugt ihn davon, daß Jesus der leidende Knecht ist, worüber Jesaja schreibt, wonach er den Mann beim erstbesten Teich täuft; dann sieht der Äthioper den Philippus gar nicht mehr, weil er erfüllt ist von großer Freude; der Heilige Geist rafft den Evangelisten hinweg, der eine Weile später bei Aschdod angetroffen wird.
Eine sonderbare Geschichte. Aber man soll sie durchschauen, 'Nach dem Süden ist auf Griechisch 'eis tn mesmbrian', dies bedeutet aber auch 'nach dem Südland, dafür wird geschrieben 'Äthiopien, das Land der Königin "Kandake"n2, wie ein allgemeiner Nahme.
'(Mann) bei Gaza ist '(aner)epi tes Gazes', aber dies ist auch '(Mann) über den Schatz': 'durch die Freude im Geiste sah er ihn nicht mehr'  ist dasselbe als: indem (von) der (dem) Geist (ihn freudig machte) wurde er seinen Augen entzogen, was wird: Der Geist raffte ihn weg. Zusammen mit der Tatsache, daß der erste Hörer dieser Geschichte den Philippus zu Aschdod antraf wird dies bald: der Geist raffte ihn weg und er wurde zu Aschdod angetroffen. Dies ist ein deutliches Beispiel wie durch falsches Hören eine Geschichte abgeartet werden kann.
Was der Fall gewesen sein wird ist, daß an einem gegebenen Augenblick zwei Versionen, die alte richtige und ein jüngerer Abart, in Umlauf gekommen waren, einer von deren als extra Information aufgefaßt wurde, wie eine doppelte Linse.
Nachdem ich dieses entdeckt hatte, habe ich im Neuen Testament nach andere möglich abgeartete Geschichten gesucht, aber keine gefunden (die Engel Lk. 22:43 und Jo 5:4, die man dafür halten möchte, sind keine Entaertungen, aber spätere Hinzufügungen, bis ich eine Abweichung fand der das Thema dieses Artikels bildet.

Vergleichen wir
Marcus, Matthäus und Lukas

Marcus (13:20) hat:

και ει μη 'εκoλόβωσεv κύριoς τας 'ημέρας, 'oυκ 'αv 'εσώθη πάσα σάρξ, 'αλλα δια τoυς 'εκλεκτoς 'oυς 'εξελέξατo 'εκoλοβωσεv τας 'ημέρας

kai ei me ekolobosen kurios tas hemeras, ouk an esothe pasa sarx. alla dia tous eklektous hous exelexato ekolobosen tas hemeras

Und wenn nicht verkürzte der Herr die Tage, nicht wohl gerettet alle Fleisch würde (buchst. wurde; alle Fleisch = kein Fleisch) aber für die Auserwählten die er auserwählte verkürzt hat er die Tage

Mattäus (24:22) hat

'και ει μη κoλoβωθσαv αι 'ημέραι 'εκειvαι, oυκ 'αv 'εσώθη πάσα σάρξ'. δια δε τoυς 'εκλεκτoς κoλoβωθήσovται αι 'ημέραι 'εκειvαι'

kai ei me ekolobothesan hai hemerai ekeinai, ouk an esothe pasa sarx, dia de tous eklektous kolobothesontai hai hemerai ekeinai

und wenn nicht verkürzt die Tage jene, nicht wohl gerettet alle Fleisch (= kein Fleisch) wurde
für aber die Auserwählten verkürzt werden die Tage jene

Lukas (21:24) hat:

και πεσovται στόματι μαχαίρης και αιχμαλωτισθήσovται εις τα 'έθvη πάvτα, και 'Iερoυσαλημ 'έσται πατoυμέvη 'υπο 'εθvωv, 'άχρι oυ πληρωθωσιv καιρoι 'έθvωv

kai pesontai stomati machaires kai aichmalotisthesontai eis ta ethna panta, kai Hiërosalem estai patoumene hupo ethna, achri hou plerothesin kairoi ethnon'

-Und fallen w. Schärfe Schwertes durch und (kriegs)gefangen s. gm. nach die Völker alle, und Jerusalem wird zertreten w. von Völkern, bis daß vollendet sind die Zeiten der Völker

Lukas gründet sich gleichwie Matthäus auf dem ihnen überlieferten Text, der fast zusammenfällt mit Marcus: Marcus oder Ur-Marcus, vermutlich eine mündliche Überlieferung.
Wenn wir sehen werden, daß dieser Lukastext eine Verartung ist, wird gleichzeitig deutlich werden, daß als deren Basis wir ausgehen müssen von Ur-Marcus gemäß der Rezeption des Matthäus, der ein passives 'κoλoβώθησαv, ekolobothesan' hat.
Ein Eindruck dem ich mich keineswegs entziehen kann ist nun die Lautähnlichkeit von 'αιχμαλω-', 'aichmal-', in Koine ausgesprochen wie 'echmal-' mit 'ekolob'. Dies macht vermuten, hier liege eine Abartung infolge von falschem Verstehen vor, was schon das erste war das man annehmen müßte, da ja der eine Text sich auf dem anderen gründet. Ein solcher innere Zusammenhang ist doch viel wahrscheinlicher als daß wir annehmen würden der Verfasser habe den ersten Text entfernt und die entstandene Leerstelle mit einem anderen ausgefüllt?
Wir werden sehen, daß dieser abgeartete Laut ein verdrehtes Kabel ist, das obenirdisch liegt.
Daß wir Lukas zur Marcusversion herleiten müssen geht von Folgendem hervor: 'aichmalotisthesontai' (sie werden zu (Kriegs)gefangenen gemacht werden) ist für eine Umsetzung zu halten von aktiv: aichmalotisan. Dies ist folgerichtig sehr leicht und plausibel zu interpretieren als Lautvariant von 'ekolobothesan' (in Koine-Aussprache), 'wurden verkürzt'.
Was wurde verkürzt?: 'Hai hemerai ekeinai', 'jene Tage'.
Aber was sehen wir bei Lukas?: Sie werden fallen durch das Schwert und zu (Kriegs)gefangenen gemacht werden. Nun ist est sehr leicht möglich 'wenn die Tage nicht verkürzt wu(e)rden', 'ei me ekolobothesan hai hemerai ekeinai', mit hebraisierendem Guttural-r (heutigem, auch damals gut möglich) in Koine-Aussprache 'ei mé ekolobothisan hémerei ekinei' (möglich mit Lautfarbe ekjini') umzusetzen in 'ei mé echmalotisan hé macheiré kt(j)ini, 'και ει μη 'αιχμαλώθησαv, 'η μάχαιρη κτείvει',: 'wenn sie sie nicht kriegsgefangen gemacht haben, tötet das Schwert sie'. Wandelt man dies nun ins Passiv um, so erhält man was wir bei Lukas finden. Dies an sich ist sehr gut möglich, dennoch spekulativ. Aber diese Hypothese wird ständig genährt von jener zu großen Lautähnlichkeit, die gerade paßt beim Ersten das man annehmen muß, nämlich das es um eine Abartung von (Ur-)Marcus is, was jetzt noch mehr das sichtbare Teil des Kabels ist, das weiter unter der Erde liegt.
Man kann die Sicherheit hierüber vergrößern, indem man nochmals bei sichselbst nachvollzieht, wie leicht das Hören von 'kai me ekolobo etc.' als 'kai me echmalo etc.' geht, und sofort analysiert was man tut: man betrachte keimékolobothi-: Noch gefördert vom ersten (nasalen) Labialklang m gibts für den Hörer, der dies schnell hört den Effekt, daß das dunkle erste O und das B interferieren, so daß dem O schon ein M-Laut hinzugefügt wird, was die Ausgesprochenheit des B wegnimmt: also: keimékmolowothi-. Dies als schon keméechmaloti nahekommend wird es auch umgekehrt hierdurch berührt und wird gleich diesselbe keméechmaloti.
Es ist mehr zu sehen. Wenn wir die Grammatik beobachten, so ist da somit nicht zu verstehen: 'wenn sie sie nicht zu (Kriegs)gefangenen gemacht hätten (oder: machen würden), würde das Schwert sie getötet haben (oder: töten), sondern das Schwert tötet wirklich, ausgenommen wenn man zu (Kriegs)fangenen gemacht hat. Und dieses rechtfertigt die tatsächliche Umsetzung: 'sie (werden) fallen durch die Schärfe des Schwertes, und sie werden (ja tatsächlich) zu (Kriegs)gefangenen gemacht werden'.
Das Fehlverstehen von 'verkürzt werden'  und was danach kommt hat noch mehrere Folgen.
Es stand in (Ur-)Marcus weiter:

'oυκ 'αv 'εσώθη πάσα σάρξ. δια δε τoυς 'εκλεκτoυς κoλoβωθήσovται αι 'ημέραι 'εκειvαι'

ouk an esothe pasa sarx, dia de tous eklektous kolobothesontai hai hemerai ekeinai'.
nicht wohl gerettet alle Fleisch wurde (= kein Fleisch gerettet wurde) für aber die Auserwählten verkürzt werden Tage jene

Im Licht der Abänderung zu 'machten zu (Kriegs)gefangenen' geht dieses zweite 'kolobothesontai hai hemerai ekeinai' diesmal nicht mit als Objekt falschen Verstehens, nein: es zeigt sich nicht hierdurch getroffen, aber: es wird durch die falsche Interpretation durch 'ekolobothesan' beeinflüßt. Denn jetzt werden nicht verkürzt: die Tage, aber die (Kriegs)gefangenschaft, so man will: das Exil. Und dieses wird verkürzt - noch immer - umwillen der Auserwählten (ich habe Dolmetschung dieses Wortes 'eklektous'  wie selbst abermals verstanden als '(Kriegs)gefangenen' als künstlich verworfen).

Was nun weiter auffällt ist, daß am Ort wo in (Ur-)Marcus steht '

`(ouk) an esothe pasa sarx' steht 'eis panta ta ethna'. Hierin fallen auf 1) derselbe Platz im Satz den beide einnehmen, 2) das gemeinschaftliche Wort (eine Deklination von) 'pas', 'alle', 3) die inhältliche Kongruenz von 'panta ta ethna' und 'alle Fleisch'.
Was ist geschehen im Geist des Hörers des ursprünglichen Textes? Ich habe eine, und nur eine, befriedigende Erläuterung gefunden, die grundsätzlich paßt und sich bei Betrachtung fortwährend bestätigt, indem nichts sich in den Weg legt und dies ist er habe gehört:

kai ei me echmalotisan, he machaire kteinei, ouk an esothen pasas sarkos

και 'ει μη 'αιχμαλώθησαv,'η μαχαίρη κτείvει, oυκ 'αv 'έσωθεv πάσας σαρκός

und wenn sie n. gefangennahmen, das Schwert tötet, nicht zwar innerhalb allen Fleisches (gefangennahmen)

das Letzte begriffen wie:

nicht in (Ziel) alle Fleisch (= sie nahmen gefangen, ... in [= nach] alle Fleisch)

Zunächst ist ja die Annahme nicht befremdlich, daß ´sarx´ als ´sarkos´verstanden wurde angesichts der Tatsache das Hebräisch (oder anverwandte Sprache) von sich her keinen x-Klang kennt, das heißt die schnelle Aufeinanderfolgung der Konsonanten k un d s. Was geschieht immer in dieser Art von Fällen? Der fremdsprachige Sprecher füllt dann ein ergänzendes Vokal ein, ein aus dem Alltagsleben allzubekanntes Phänomen. Hier liegt die zweite Andeutung ein griechischsprechender Autor habe einen hebraisierenden semitischen Informanten gehabt. Denn die beide Bemerkenswürdigkeiten verstärken einander zu dieser Plausibilät, im Lichte von Folgendem das in deren Licht sehr wohl zu unterstellen ist:
Durch die rhythmierende Wiederholung der Negation, also μη (als solches bestimmt von ει) en oυκ kommt auch das ergänzende 'oυκ 'εσώθεv πάσας σαρκός' auch in seiner Bedeutung in Einklang mit dem öffnenden Nebensatz. Obgleich 'εσωθεv als schwebend zwischen 'hinaus' und 'innerhalb' nicht gerade eine hinwärtige Bewegung ausdrückt, ist dieses gleichgültig, weil das Exil gar keine Bewegung von außen auf etwas hin ausdrückt, aber vielmehr ein von einem Zentrum aus Auffüllen der ganzen Menschheit.
Was den Zusatz des ν betrifft: 'εσώθη, esοthe, (Ausspr. esothi) >'έσωθεv, esothen, mein griechisches Wörterbuch meldet bei 'άvωθεv, (Ausspr. anothen über den Ausgang θεv, -then, ´in welchem Fall das v oft abgeworfen wird´, was also gerade übereinstimmt mit was wir hier vorschlagen: das v wird ´wieder´ hinzugefügt.
Was verstanden wird ist also das Nächste: ´kai ei m echmalothesan, he machaire kteinei, ouk an esothen pasos sarkos´, ´wenn sie nicht gefangen genommen wurden, tötet das Schwert, zwar nicht innerhalb der ganzen Menschheit´: Insoweit es dem Hörer einigermaßen wie ein Puzzle in die Ohre klang, hat dieses denn den Ausweg zu Begreiflichkeit gesucht und hierbei ist gut möglich, daß der Interpret, der unwillkürlich in seinem Geiste paßt und mißt während eines Augenblicks umgedreht hat: ´das Schwert tötet, wenn sie nicht gefangen wurden, (nicht) nach allem Fleisch´. Oder doch einfacher: durch diese letzte Verneinung gelangt der Hörer wieder aufs Level der ersten zurück.
Wenn es in dieser Weise nicht erklärt würde, so wäre auf der einen Seite ein wesentliches Teil der Mitteilung ins Nichts verschwunden, auf der anderen Seite wäre hier ohne Grund etwas hinzugekommen.
Man darf alles prüfend nachvollziehen und sich davon gewissern, daß dieser ganze Konstitutionswandel klar gemacht werden kann vom evidenten Fehlverstehen von mindestens einem Wörtchen und das wird als Ausgangsfaktum zu nehmen haben in der Weise einer festen Verankerung als Ausgangspunkt von was weiter ein speleologischer Abstieg ist. Man repetiere die Lautähnlichkeit 'kei mé ekolobothésan'-'kei mé echmalotisan'  mal schnell. Und es ist auch nicht sonderbar, ich sage es abermals, weil Lukas ja von (Ur-)Marcus ausging. Wenn wir uns dieses und jenes klarmachen, so folgt der Rest viel mehr von selbst als wenn wird noch Mühe leisten müssen den Schritten zu folgen.
Dies möge sich zeigen wenn wir alle verstandene Läute nochmals folgen lassen:

'kai ei me echmalotesan he machaire kteinei, ouk an esothen pasas sarkos, dia de tous eklektous kolobothesontai ai hemerai (tes echmaloseos)',

'wenn sie sie nicht zu (Kriegs)gefangenen machten, tötet das Schwert, - <nicht in alle Fleisch< -, aber um der Auserwählten willen werden die Tage (des Exils) verkürzt. (Somit wird bis jener Zeit [= bis ihre Zeit vorüber ist] 'Jerusalem von den Goyim zertreten'.

Wir sehen, die Spekulation ist fähig die Verartung des ganzen Textes als eine Einheit zu erklären. Dabei muß auch Folgendes in Betracht genommen werden: Es ist zutreffend, daß eine Verartung das erste ist das vorauszusetzen ist; und daß 'hemerai ekeinai' nach 'he machaire kteinei' eine kleinste denkbare Veränderung ist die dennoch zum ganzen 'Phänotypus'  führen kann, den wir in Lukas antreffen.
Hat nun Hineininterpetierung aufgrund der historischen Ereignisse diese Verartung gefördert? Das ist die Frage. Die ganze Gestalt ist derart, daß ein schwerer Akzent auf dem autonom-lautmäßigen Verartung liegt. Bedeutet dies dann, die Ereignisse um Jerusalem können die Hörer dieser Passage nicht zu einer Art vom Volksetymologie veranlaßt haben? Hat man nicht angefangen bei Vorzug dies zu hören? In Vergleichung womit beim Fortrücken des Philippus vom Geist dieser Vorzug dann das Habenhörenwollen einer Remineszenz der Erzählungen über Elia und Elisa ist, obgleich dies nicht das Herausforderende gewesen sein wird, aber höchtstens den Weg hierfür geebnet haben.
Aber im vorliegenden Fall ist möglich, daß wahr vernommene oder erlebte Ereignisse falsches Verständnis gefördert haben. Es braucht sie aber gar nicht gegeben zu haben. Was für diese Feststellung entscheidend ist, ist daß die Beförderung eines frommen Einwohner Gazas zu Minister der Königin des Südens zeigt, daß eine solche Verartung außerhalb irgendeiner Volksetymologie stattfinden kann, und hierum geht es: wir können jetzt schon die Schlußfolgerung ziehen, daß für eine Datierung die Ähnlichkeit zwischen dem Text und den Ereignissen von keiner Wert ist. Zu Erklärung genügt ein leicht mögliches falsches Hören an sich. Hiermit gehen wir unten weiter.
Nun hat freilich das falsche Verständnis von einem Fragment mit sich gebracht, daß die Mitteilung ausführlicher aufs Neue getan werden mußte in des Verfassers eigenen Worten. Er hat daraus eine Arbeit gemacht zu verdeutlichen was sonst einigermaßen unbegreiflich sein würde, wenigstens aus der Erwägung: so wie es dort gesagt worden ist, so sagt man dies nicht in gehöriger Prosa. Aber zur Überwindung dessen was sonst jedenfalls für Griechen zu düster ist is allerdings Verdeutlichung über eine größere Passage notwendig, deren diese ein Teil ist. Wir sehen ja, daß der Verfasser schon Mt 24:15

'οταv 'oυv 'ιδητε το βδέλυγμα της 'ερημώσεως το 'ρηθεv δια Δαvιηλ τo πρoφήτoυ 'εστός 'εv τόπω 'αγίω, 'αvαγιvώσκωv voείτω'

'hotan oun idete to bdelugma tes eremoseos to rethen dia Daniel tou proftou hestos en topi hagioi, ho anaginoskon noeito'

ihr wenn nun seht den Greuel der Zerstörung genannt von Daniel dem Propheten dort am Ort heiligen, wer es liest merke es auf

Variant (von?) Mc 13:14:

'οταv 'ουν 'ίδητε το βδέλυγμα της 'ερημώσεως 'εστηκότα 'οπoυ ου δει, 'ο 'αvαγιvώσκωv voείτω'

'Hotan de idete to bdelugma tes eremoseos hestekota hopou ou dei, ho anaginoskon voeito'

ihr wenn nu seht den Greuel der Zerstörung stehend wo er n. gehört wer es liest merke es auf

auf eine bestimmten Weise interpretiert wiedergegeben hat.
Diese Passage ist ja, zeuge die Behandlung die sie vom Verfasser bekommt, für ihn, geschweige denn für sein Publikum für das er sie verdeutlichen will, ziemlich düster und der Autor hat die Fundstätte Daniel auch fortgelassen. Der 'Greuel der Zerstörung' bezieht sich auf den in Daniel erwähnten 'Zerstörer' der kommen wird und der ein 'greuelhaftes' Götzenbild im Tempel errichten wird (I Makk 1:54, Dan 11:31; 12:11). Aber der Autor macht davon was schon auf den ersten Blick naheliegt: ein zerstörendes Heer, das sein Lager schlägt bei der heiligen Stadt, Jerusalem. Hierbei kann ebensogut das Fehlverständnis durch die Verartung weiter im Text Einfluß hierauf geübt haben als diese falsche Auslegung darauf oder aber beide wechselseitig, während auch Einfluß reeller Ereignisse hierbei eine Rolle gespielt haben kann, aber ebesogut auch nicht.
Nun gibt es die Frage: Hat nicht schon 'Marcus' die Danielprophezeiung angewandt auf den Ereignissen um Jerusalem?
Zunächst, bei einem jüdischen Autor, wie dieser offensichtlich sein muß, darf man, auf der einen Seite, eine größere Genauigkeit annehmen, auf der anderen Seite müssen wir in der Tat rechnen mit Polyinterpretabilität. Dies kommt zusammen in die Frage: was ist hier die Marge?
Zur Beantwortung dieser Fragen müssen wir jedenfalls allerdings rechnen mit einer symbolischen Interpretation von 'Greuel der Zerstörung' als 'Zerstörung'. Ist 'Stehen sehen am Ort' anwendbar auf eine Armee? Oder auch auf die stattfindende Zerstörung? Und was ist 'der Ort wo es nicht stehen darf'? Das ist höchstens Jerusalem selbst. In Daniel ist zwar die Rede von einem anfliegenden Zerstörer, und das ist anwendbar auf ein Heer, aber auch von einem 'Greuel der errichtet wird' und das bezieht sich was seinen Ort betrifft auf den Tempel. Aber eine geräumigere Anwendung ist hier nicht ausgeschlossen. Ist es in (Ur-)Marcus herangebracht wie eine Pseudoprophezeiung, wozu es sich, gerade benutzt als Symbol, gut eignet?
Aber (Ur-)Marcus schreibt auch: 'wer es liest achte darauf' und bei Marcus, der Daniel nicht nennt, würde man dies interpretieren können als habe es Beziehung auf was der Verfasser hier niederschreibt.
Aber Matthäus, der Daniel nennt, macht klar, was auch bei Marcus am allerwahrscheinlichsten ist, nämlich als Teil der Rede Jesu, daß hier gemeint wird: wer Daniel liest soll darauf achten.n3
Wenn nun dies Teil wäre einer nachträglich konstruierten Pseudoprophezeiung, so führt es schon sehr weit hiermit, explizit wie es gesagt wird, darin zu beharren den Anschein zu erregen, daß frühere Bibelleser gewarnt werden müßten, während die Ereignisse schon stattgefunden haben. Es wäre dann allzu durchsichtig.
Dies nun wirkt im Vorteil des Standpunkts, die Rede ist logia-gemäß überliefert worden schon bevor die Ereignisse zu Jerusalem stattfunden. In diesem Lichte verstärkt die relative Vagheit der Symbolik jetzt diesen Eindruck nur.
Um so mehr ist dies der Fall, da verglichen mit was damals stattgefunden hat, die Beschreibung dessen in dieser Rede sehr übertrieben ist: das Evangelium allen Völkern gepredigt statt nur überall Kirchen gestiftet; ein gegenseitiger Verrat allenthalben; wenn die Zeit nicht verkürzt würde, kein Fleisch würden erhalten werden, statt nur Juden in Jerusalem, was deutet auf eine Vision, als solche hyperbolisch, einer schrecklichen und totalen, das ganze Reich umfassenden Bürgerkrieges; gleichwie das Aufstehen von Volk gegen Volk und von Königreich gegen Königreich, statt des Aufstands eines Volkes gegen die römische Herrschaft. Dies Alles in einem Atem mit der Vision des Endes, läßt alle Übereinstimmung mit einer erlebten Wirklichkeit weit hinter sich. Jenes als hierauf gebaut worden ist etwas zu krummes für eine raffinierte Absicht, die gefordert würde damit das Geschehene sich dem Geskizzten ähnele. Auch ein Satz wie 'wer auf dem Dach ist gehe nicht hinunter etwas aus dem Haus zu holen' ist nur bildend ohne beschreibender Wert.
Diesem Apokalyptischen scheint mit Namen Jesu Vorhersage einer totalen Zerstörung des Tempels sich in merkwürdiger Weise entgegenzusetzen. Ist etwa diese scharfe Beschreibung nicht nachher Marcus hinzugefügt worden, so daß zwar die Rede die Zerstörung nicht unmittelbar wiederspiegelt, sondern nur die Endfassung des Textes dies tut, was übereinstimmt mit der Tatsache daß die Beschreibung nicht zur Rede gehört, aber sie vorangeht?
Dies ist sehr fraglich, denn:
a) Es ist undenkbar, daß in der apokalyptischen Rede die Zerstörung des Tempels nicht begriffen sei. Diese ist ja die eigentlichere Anwendung Daniels in einer Unheilsprophezeiung gegen Jerusalem, so sahen wir schon. Ebensogut ist Jesu Beschreibung der Zerstörung des Tempels als synonym hiermit zu sehen. Es braucht so nicht etwas anderes als eine große Unheilsprophezeiung zu sein.
Eine selbe Unheilsprophezeiung is auch das Logion Mt 23:37/Luc 13:34/35. Für einen Propheten aber ist eine Verfluchung einer hartnäckigen Stadt durchaus nicht sonderbar und so eine Rede in apokalyptischen Bildern gerade in posivistem Sinne typisch zu nennen.
Ist dann die Beschreibung der Zerstörung des Tempels aber nicht zu konkret, als ob Jesus es buchstäblich herankommen sieht? Deutet dies etwa nicht auf eine nachträgliche künstliche Konstruktion einer Pseudoprophezeiung? Aber beachte: wenn der Prophet davon überzeugt war, der Tempel würde zerstört werden und zwar auf kurzer Frist (Mc 13:30) 'dieser Geschlecht wird keineswegs vorüber gehen, bevor dies alles geschehen ist' und passim), so konnte er dies so sagen (vgl. Jer 7:14)n4.
Daß wir bei der Beantwortung der Frage: hat die Beschreibung ihren Grund in der Rede selbst oder in einem wirlichen Zutrag?, die Neigung haben die Beschreibung der Erlebung wahrer Ereignisse zuzuschreiben, ist weil wir wissen wie es 'sich vollzogen' hat. Aber vorausgesetzt wir wüßten es nicht, so würden wir gar keine Mühe haben die Beschreibung als eins mit der Rede zu sehen. Es gibt aber ja keinen einzigen Grund das Leitmotiv und auch das Logion Mt 37-39/Lk 13:35, das es enthält, nicht für gleich alt als 'Q' als solches zu halten, und dieses Logion als eine fremde Ente im Loch zu betrachten. Die Identität dieses Aussagen'körpers' liegt in der Prägung die es hat von dem von wem es sich herleitet, und es wird darin ein und dasselbe Alter haben. Dieses Logion wird dasselbe Alter haben, da es sich ihr keineswegs entzieht, es ja einen warnenden Charakter hat und in ihm ein von Jesus selbst geforderte Glaube Unglauben gegenüber thematisch ist.
Die Schlußfolgerung die wir aus dem Obenstehenden schließen müssen ist, daß auch die Datierung seines Marcus-Bestandteils nicht imstande ist eine Entstehung von Lukas nach 70 glaubwürdig zu machen.
Jedoch gibt es ganz entschieden noch etwas, das die Waage der Erwägungen über die Datierung von Lukas in die entgegengesezten Richtung schlagen macht und gegen eine frühere Datierung von Lukas zu sprechen scheint, zu wissen was Jesus sagt an der Stelle 19:41-44: 'Denn es werden Tage über dich kommen, daß deine Feinde Bollwerke gegen dich aufwerfen werden und dich einkreisen und dich von allen Seiten in die Enge treiben werden und sie werden dich und deine Kinder in dir vertreten und sie werden keinen Stein au dem anderen lassen, weil du die Zeit nicht aufgemerkt hast, daß Gott nach dir umsah.' Ein ganzer Mund voll und Lukas ist der einzige der dieses hat. Es ist für ihn ein festes Thema und schon da vor Jesu großer Rede. Und diese Beschreibung ist so scharf, daß - was rede ich über Verartung? - eben Absicht ins Spiel sein muß, so muß die Schlußfolgerung jetzt sein.
Aber merk es wohl:
19:41-44 gibt es wie gesagt nicht bei den anderen Synoptikern. Und Jesus sagt dies an die Stadt, wenn er sie nähert und liegen sieht. Haben denn Zuhörer es aufgezeichnet? Nein. Denn reell gesprochen, kann dies nur eine Gedanke sein, aber die niemand lesen kann, aber allerdings ist möglich aufgrund der kommenden Rede sie schon als in Jesus beim nähern Jerusalems gegenwärtig, anzunehmen. Somit ist hier eigentlich nichts anders zu sehen als eine redigierte Antizipation der großen Rede und ein Thema, das wie wir zeigten Jesus öfters erwähnte. Und dies ist 'An Jerusalem wird ihr Haus überlassen, da es hartnäckig ist'. Der synoptische  ´kein Stein wird auf dem anderen gelassen´, auch der Kern von 19:41-44, ist in Wesen dasselbe als die Zerstörung die verbunden ist mit dem ´Greuel der Zerstörung´ in der Rede und bei Lk ebenso die Einkreisung und Zertretung, aber in der Rede wie gelesen durch seine Brille.
Sind diese meine Spekulationen 'se non è vero, è ben trovato', aber müssen sie der allgemein gegebenen Erläuterung nachgeben, Lukas(?) hat einfach under Eindruck der Belagerung Jerusalems geschrieben, weil es sonst ja eine zu prophetische und sage mal doch viel zu zufällige umfangreiche Übereinstimmung hiermit bildet? Weil, wiewohl sie zu Erklärung reelle Ereignisse nicht vonnöten sein mögen, keine der genannten Argumente diesen Eindruck aufheben können?
Wir sollen aber darauf achten, daß Verartung - die nicht so umfangreich ist - und Verdeutlichung zwei verschiedene Sachen sind, aber es ist denkbar, daß reelle Ereignissen sowohl der Anlaß zur Verartung als auch noch zur Verdeutlichung des Gehörten gewesen sein können. Wenn sie es sind, würde es gerade sonderbar sein, wenn es nicht so wäre. Aber müssen wir so weit gehen dieses anzunehmen? Wo ja die Gründe für Verdeutlichung sonst auch auf der Hand liegen?
Und es steckt ein noch viel größerer Zufall, sage mal Prophezeiung, darin daß der Fehler auch beeinhält die Vorhersagung der Verbreitung nach allen Völkern und Rückkehr der Juden nach Jerusalem. Der Autor ist ja nicht nur auch nicht dabei gewesen, sondern auch kann man nicht ersätzlich den Grund für diese Aussage suchen in der - was sonst als? - Tatsache, daß dies eine Grundvorhersage des Thora ist, die durch den Fall Jerusalems hier wieder als Thema explizit wird. Denn was ist nun gerade für diese explizite Aufführung dessen, beachte wohl, ausgefüllt an dieser Stelle, der Anlaß? Im unverarteten (Ur-)Marcus ist nichts dazu dienliches spürbar. Während es in obenstehender Weise gut erklärbar ist.
Aber auf diesem letzten selben Grund wird auch die Übereinstimmung zwischen dem Text und den Ereignissen des Jahres 70 ebensogut ohne Anlaß in dem letzteren sein. Dies geht weiter als Schlußfolgern, daß zur Erklärung reelle Ereignisse nicht gerade notwendig sind. Denn hier haben wir in einem Satellit einen Fall wobei plausibel gemacht werden kann, daß es in der Tat gar keinen Anlaß außerhalb des Textes gibt, so daß wir um so stärker rhetorisch fragen können: warum müßte es dann überhaupt mit dem Text der Fall sein?
Neben daß die Erzählung von Philippus und dem Schatzmeister Äthiopiens deutlich macht, daß es gar nicht notwendig ist zur Erklärung der Verartung bei Lukas irgendeine Volksetymologie anzunehmen, ist dies das zweite gute Argument dafür das was Lukas zu lesen gibt nichts anderes als eine autonome Verartung ist. Und dieser Eindruck wird noch gestärkt, wenn wir bedenken die Lautverartung ist klein genug daß sie verursacht worden sein kann durch einfaches falsches Verstehen.
Was soll man denn noch nach einer Erklärung greifen die nicht mehr als den Schein mit sich zu tragen braucht?
Die Zufälligkeit der Übereinstimmung kann erklärt werden aus der Tatsache, daß die Grundlage in der Tat ganz entschieden gebildet wird von einer Vorhersage an Jerusalem, in Worten wie einem dunkeln Spiegel. Diese braucht nur einer Verartung ausgesetzt zu werden, die nicht so zufällig ist, ob sie ist eine nähere Ausfüllung eines Textes, der bald so eine heraufbeschwört. Alles Reden und Lesen macht ja ergänzen was die Worte, strikt genommen, nicht sagen, zumal im Fall daß etwas Undeutliches (hier: durch ein Mißverständnis) darum fragt. Die Ausfüllung des Mitgeteilten über das 'Greuel der Zerstörung' möge dies illustrieren.
Jedoch ist noch ein schweres Kontra-Argument zu erwägen, nämlich:
Spielt in des Autors Kopf etwa ein Thema, das wir am besten formuliert sehen müssen in Jesu letzten Worten (Am Anfang der Apostelgeschichte), die Vorhersage der Wiederaufrichtung des 'Königreichs' für Israel, der allein von ihm genannt wird, ja, das er wiederholt spielt, und das zusammen mit dem zweimal besprochenen Untergang Jerusalems (hier und im schon besprochenen Logion) leicht verrät, daß der Schriftsteller diesen tatsächlich erlebt hat? Hiergegen kann aber abermals auf der Tatsache hingewiesen werden daß Matthäus ein Logion auch hat, so daß für den Untergang Jerusalems, der darin mitläuten möchte, als ein lukanisches Steckenpferd nur Jesu letzte Worte übrigbleiben. Aber diese beziehen sich nun gerade auf die noch offenstehende Frage, die die Diszipel zweifellos gehabt haben müssen, nämlich: wann wird der als der Messias anerkannte Jesus Israel erlösen von der politischen Unterdrückung? Dies ist ein Motiv, das angesichts der Tatsache daß Lukas es auch aus dem Munde der Emmausgänger zu Ausdruck gebracht hat, allerdings ein lukanisches Motiv genannt werden darf. Aber dieses Motiv ist nicht dasselbe als das andere, das durch den Fall Jerusalems inspiriert sein müßte. Der Grund der Interesse des Verfassers braucht nicht weiter gesucht zu werden als darin daß er beim Übernehmen von dem was ihm mitgeteilt wurde, auch noch mal ein fleißiger Befrager war, der schon nur dadurch auf das tasächlich spielende wichtige Motiv gestoßen ist.
Und es kann auch, in umgekehrten Verhältnis zur Annahme eines beeinflüssendes Datum, so sein: das mit Matthäus gemeinsame Logion (Lk 13:35; Mt 23:37) kann gerade zusammen mit der falsch verstandene Rede dazu beigetragen haben die weitere Aufmerksamkeit des Verfassers auf dieses Thema zu lenken und ihn Jesu letzte Worte wenn nicht nur: registrieren, sondern auch: explizit melden zu machen.n5
Unser Schluß muß sein: Tatsächlich brauchen wir nicht mehr zu tun als ausgehen davon daß Lukas nichts anderes als eine wohlgemeinte Wiedergabe von Marcus ist und in seinem Fehler 'zufällig' prophetisch.
Hiermit können wir zurückkehren nach dem womit wir anfingen.
Es gibt keinen zureichenden Grund dieses Evangelium nach 70 zu datieren, sondern nur um oder in der Nachzeit des Prozesses des Paulus zu Rom. Um so mehr der Autor im Anfang seines Evangeliums spricht von Sachen die unter 'uns' zu Erfüllung gekommen sind, 'gleichwie uns überliefert haben diejenigen die vom Anfang an Augezeugen und Diener des Wortes gewesen sind'. Dieses deutet nicht bestimmt hin auf ein so spätes Datum. Jedenfalls gibt es keinen einzigen Grund diesen Anfang zu bezweifeln. Und wir brauchen ihn sich nicht auf einen unnötig spätes Datum beziehen zu lassen.
Zum Schluß: Wenn wir versuchen das Lukasevangelium zu datieren, tun wir das zugleich mit Marcus, eben da dieses in Lukas verarbeitet worden ist. In der Weise in der dieses geschehen ist finden wir eine Andeutung, daß Matthäus sich von mindestens einem Kern herleitet der noch vor Marcus liegen muß, wobei, angesichts des großen Gleichnisses von Marcus mit seinem Matthäus-Variant, nach allem Schein der Zeitabstand hiermit nicht allzugroß ist, so daß auch Matthäus gut vor 70 datierbar ist. Dieser Eindruck wird verstärkt durch Matthäi Erwähnung von HaKeldama, dem Blutacker, einem Friedhof für Fremden, der so heißt 'bis zum heutigen Tage'. Merkwürdig, wenn dies ist, während die ganze Stadt nach Flavius Josephus gründlich zerstört dalag, wenn auch der Friedhof außerhalb der Mauer lag.n6 Dies gilt übrigens auch für die Erwähnnung im vierten Evangeliums einer Badeanstalt, die in Jerusalem ist (5:2).n7 Und dies wird gesagt von einem der sich leisten konnte in der Behauptung zu beharren er habe Jesus persönlich gekannt (I Jo 1), der Autor is deutlich derselbe), offenbar ohne Widerspruch fürchten zu dürfen von Seiten seiner Adressierten (I, II, III Joh). Man kann hier noch annehmen, der erste Brief, der diese Bekanntschaft mit Jesus erwähnt, sei (und so auch sein Evangelium) vom späten Autor vordatiert worden, aber dafür ist die Übereinstimmung des Inhalts mit dem zweiten Brief zu groß, der seinerseits abermals zu stark übereinkommt mit dem dritten Brief, der im Licht seiner Absicht und Inhalt sicherlich nicht vordatiert ist, aber so daß auch keine Vordatierung möglich ist mit Bezug zu diesem Brief.
So gelangen wir zum allgemeinen Schluß, daß die Entstehungsdaten der Evangelien einander nicht zu stark ausweichen werden und innerhalb der von Lukas angezeigten Zeitmarge liegen, ohne daß es notwendig ist auch nur eines nach 70 zu datieren.Es geht nicht an diesen Verfasser eigentlich zu einem Lügner zu erklären. Die Evangelien sind geschrieben worden, weil noch Augenzeugen des Beschriebenen am Leben waren.

J.M.M. Thurlings
Verfasser von  Ecumenical Theology (Webveröffentlichung)

Aufzeichnungen

1. Hierunter wird von mir verstanden: möglicherweise mehrere frühere Varianten von Marcus.

2. Obgleich in der Zeit Hadrians die Gattin des Archonten Thebes Kandake hieß, eine Entdeckung im British Museum die mich für eine Weile perplex machte, fand ich bald die Lösung, indem ich weiterging nach ´Nubien´. Dort bestätigte sich, ´Kandake´ ist auch ein Titel, die geführt wurde von den Königinnen des nubischen Königreichs Meroe zwischen dem 3./4. Jahrhundert v. Chr. bis zum 3./4. Jahrhundert nach Christus. Dies vereitelt auch die Annahme die eine Linie zieht über die äthiopische Falascha´s mit dem Ziel eine buchstäbliche Auslegung der Geschichte des äthiopischen Schatzmeisters aufrechtzuhalten.

3. Hat Matthäus hier (ur-)Marcus - auf richtige Weise - explizit gemacht odderr hat Marcus (Ur-)Marcus-nach-Matthäus hier verkürzt? Mir dünkt das Erste ist der Fall, weil dieses näherliegt als eine Verschwimmung, namentlich sowohl das explizitere 'heiligen Platz' als das erwähnen des Nahmens Daniel bei Matthäus gegenüber Marcus, der Daniel forläßt und sagt 'wo es nicht gehört'. Sodann braucht an dieser Stelle kein Unterschied zu sein zwischen Ur-Marcus worauf Matthäus gründet und Marcus.

4. Jer 7:14. Es gibt keinen Grund diesen Art von Aussagen notwendig als vaticinationes ex eventu zu betrachten. Vergleiche zum Beispiel die Vorhersage des Savonarola, der französische König würde Florenz erobern. Und siehe Strophe des Gedichtes des belgischen Verfassers 'Van der Lubbe', das in 1934 geschrieben wurde und zeugt von Voraussicht:

'Möge dein Geist in Leipzig spuken
Bis der Greuel gerächt wird,
Bis deine Henker, groß und klein
Vom Russen vernichtet worden sind.'
5. Dies ist durch die christlich-jüdische Polemik über das Wesen des Messias-Reiches immer übersehen worden. Est stellt sich noch immer in unakzeptabeler Weise der jüdisch-christliche Annäherung im Wege, meines Einsehens als das wichtigste Obstakel, da die Messias-Definition von J. Klausner ('Der jüdische und der christliche Messias') tasächlich dieselbe ist als formuliert im Brief an die Kolossenser.Ich präpariere jetzt eine Web-Veröffentlichung über die scheinbare Differenz beider Messiasbilder.

6. Ich bin hier nicht einverstanden mit Sjef van Tilborg: Matthew, 3-10: an intertextual reading (in: S. Draisma [ed.], Intertextuality in Biblical Readings. Essays in Honour of Bas van Iersel, Kampen 1989). Er fragt sich: "Does not the situation of Jerusalem after 70 AD bring (also [: gleichwie Van Tilborgs Interpretation von Mt 27:3-10 im Licht von Septuagint Jer 19:6 πoλυαvδριov της σφαγης) in a significant trace of meaning: the field of blood as 'field of slaughter' (see της σφαγης from Jer. 19.16 LXX), where no Jews but only foreigners are buried."
Ein solcher Versuch ist eine 'Hineininterpretierung'. Man soll anfangen mit was naheliegt. Es ist gut möglich, daß der Verfasser Remineszenzen und Assoziationen gehabt hat. Das heißt, wenn er Jerusalem zerstört gesehen hätte, könnte so etwas ihm leicht im Kopf gespielt haben, aber zunächst ist wichtig sich zu realisieren, daß dort ein Friedhof für Fremden gewesen ist, was auch in der Apostelgeschichte bezeugt wird.
Eine Behandlungsweise wie die seinige wirkt zusehr mit vagen Übereinstimmungen und zu wenig mit der inneren Logik der geschilderten Sachen und Ereignissen so daß statt daß der Gang der Handlung zu Sprechen kommt, Akzente und Interpretationen zusehr von außen aufgelegt scheinen statt mindestens damit ein Ganzes zu bilden oder aber selbst daraus hervorzugehen. Dies ist a priori auch auf kosten der Möglichkeit, daß es um eine Wiedergabe geht eines reellen Zutrags. Was dem betrifft liegt zuviel Akzent auf dem Text als solchem so daß intertextuelle Differenzen unerklärt bleiben, obgleich gerade die widerspenstige Realität, die sich nicht nach Texten fügt, sie erklären kann, z.B. die Differenz zwischen dem Haus (des Töpfers) bei Jeremia und das Land (des Töpfers) in Matthäus 27:10.
Methodologisch gesprochen ist absehen von möglichem Realitätsgehalt zugunsten der Narration oder auch dem Genre mit zu großer Betonung von Nebenabsichten und dergleichen schlecht, da das (wohl oder nicht) Beziehunghaben zu einer Realität den Text bald ändert und Unterschiede erklären kann.
Die Schwierigkeit, die Realität sei nicht nachspürbar a) würde hieran nichts ändern und deswegen soll man immer die Kategorie 'mögliche Realitätswiedergabe (-wiederspiegelung, -einfluß) und b) man kann durch Abtasten unnd achten auf Anweisungen wie ein Detective bald in stärkerem, bald in minderem Maße Zuträge plausibel machen.

7. Dieses Evangelium wird spät datiert (neben traditionell weil man den Autor des Evangeliums verwirrt mit den Johannes der Apokalypse, alsob man das alter des Letzten nur annäherend feststellen kann!), indem es stark theologisch und reflektiert ist; aber das sind die Briefe des Paulus auch; und zu konstruiert ist - aber dies dient nichtsdestoweniger eine Wiedergabeabsicht und sagt nichts über das Alter; wobei man die viele Details für 'make liefs' (also im schlechten Sinne, wie R. Bultmann es tut) ansieht, aber u. a. 3:23;4:2;6:60-66;11-54 deuten explizit auf einen guten Sinn.

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