Bau I: Apsidensaal mit pastophorienartigen, apsidial geschlossenen Seitenräumen; Hallenkrypta. 2. Viertel 10. Jahrhundert
Bau II: Dreischiffige, sechsjochige, querhauslose Pfeilerbasilika mit Dreiapsidenschluß (teilweise rekonstruiert); um 1130.
Schon Mitte des 8. Jahrhunderts dürfte in "Bisonzio" - wie der seit keltischer Zeit besiedelte Ort damals genannt wurde - eine Mönchsgemeinschaft bestanden haben und um 790 (Indiculus Arnonis) wird erstmals eine "Cella" erwähnt. Zwischen 1121 und 1129 erfolgte die Umwandlung des Klosters in ein reguliertes Augustiner-Chorherrenstift, das bis 1217 bestand. Der letzte Probst von Zell, Rüdiger von Radeck, wird in diesem Jahr erster Bischof des neugegründeten (bis 1806 bestehenden) Bistums Chiemsee und erhält Zell als Mensalpfarre. Grabungen durch F. Moosleitner (1972 - 1975) erbrachten einen ottonischen Erstbau, der - vermutlich im Zuge der Umwandlung des Klosters in ein Augustiner-Chorherrenstift - um 1130 durch eine romanische Basilika ersetzt wurde; das Kloster war um 1168 vollendet. Das heutige Erscheinungsbild wird im Wesentlichen durch Umbauten im 13. und 14. Jahrhundert (Wölbungen und Chor), durch den im 2. Viertel des 15. Jahrhunderts errichteten Westturm und den Einbau einer spätgotischen Westempore (1514/1515) bestimmt. Die Schlußweihe nahm 1516 der Bischof von Chiemsee, Berthold Pürstinger, vor.
Bau I:
Im nördlichen Seitenschiff und punktuell im Mittelschiff des romanischen Kirchenbaus konnten ein langgestreckter Saalraum und ein apsidial geschlossener nördlicher Annexbau ergraben werden. Vom Ostteil dieser Kirche blieb nur die mit dem Saalraum gleich breite Hallenkrypta erhalten. Ihre Apsis bildete den Unterbau für den nicht eingezogenen Chorschluß der Kirche. Der nördliche Annexbau war durch Zungenmauern, welche im aufgehenden Mauerwerk des romanischen Nachfolgerbaus bis zu 2 Meter Höhe beibehalten wurden, getrennt. Vom südlichen Pendant des Annexraumes konnte lediglich die entsprechende Zungenmauer festgestellt werden.
Die dreischiffige, zweijochige, halbrund schließende Krypta hatte vermutlich Kreuzgratgewölbe, wie aus zwei Wandpfeilern an der Westwand der Krypta und aus zwei runden Tuffsteinsockeln, den ehemaligen Basen von Rundstützen, abgeleitet werden darf. Die Krypta wurde durch zwei schmale Treppen entlang der Mauerzungen der Mittelapsis erschlossen.
Der Grundrißtypus des Saalraums mit pastophorienartigen Annexen ist frühmittelalterlich und läßt sich unter anderem an einem Vorgängerbau des Domes von Trient (6. oder 9. Jahrhundert), oder am ersten Kirchenbau von S. Salvatore in Brescia aus dem 8. Jahrhundert nachweisen. Dieser Bau war ebenfalls mit einer Krypta ausgestattet. Frühmittelalterlich ist auch das zellenartige und additive Aneinanderfügen von Haupt- und Nebenräumen, während die nicht eingezogene Apsis ihre Wurzeln in der spätantik-frühchristlichen Repräsentationsarchitektur hat. Weitere vergleichbare Kirchenbauten in der Schweiz (Sursee, Laufen und Lutry), die Mitte des 9. bis ins 11. Jahrhundert datiert werden, belegen das Weiterleben dieses Typus bis in die Frühromanik. Die Vorbilder für den Kirchenbau von Zell am See dürften in Oberitalien zu suchen sein.
Der als Erstbau archäologisch gesicherte Kirche ist aufgrund ihrer Größe sicher nicht mit der Klosterkirche der "Cella" aus dem 8. Jahrhundert zu identifizieren. Außerdem fehlt jeglicher bauliche Hinweis auf das frühe Kloster. Aus realgeschichtlichen Überlegungen wäre als Auftraggeber Erzbischof Odalbert denkbar, der sich während der Ungarnstürme in den sicheren Pinzgau zurückgezogen hatte und in Zell 926 und 927 urkundlich nachweisbar ist. F. Moosleitner denkt sogar an die Errichtung eines "Ersatzdomes".
Bau II:
Nach F. Fuhrmann und F. Moosleitner wurde der Bau aus dem zweiten Viertel des 10. Jahrhunderts aus Anlaß der Gründung des Augustiner-Chorherrnstiftes um 1130 abgetragen und unter weitgehender Beibehaltung der Orientierung und der Größenverhältnisse als turmlose dreischiffige, sechsjochige Pfeilerbasilika mit Dreiapsidenschluß neu errichtet. Trotz Errichtung der Apsiden über den alten Fundamenten sind diese nicht mehr durchlaufend, sondern im Sinne der Hochromanik eingezogen und abgestuft. Der Bau war flachgedeckt und die Achsen des Obergadens waren unabhängig von denen der Arkaden. Erst bei der Einwölbung des Mittelschiffes um 1230 wurden die spätromanischen Fenster mit dem Aufriß der Travée in Beziehung gesetzt. Seit der letzten Restaurierung (1972 - 1975) ist unter Beibehaltung der spätromanischen Halbrunddienste die hochromanische Situation mit Flachdecke wieder hergestellt.
Literatur: Martin, Zell, 1934, 308 - 319. - Fuhrmann, Zell, 1975, 21 - 32. - Pagitz, Zell 1975, 45 - 70. - Moosleitner, Zell, 1977, 4 - 10. - Fuhrmann, Zell, 1977, 10 - 20. - Wagner, Zell, 1976, 35. - Koller, Klöster, 1977, 10 - 20. - Dehio, Salzburg, 1986, 501 - 503. - Czerwenka, Katalog, 1992, 132 - 134.
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studiolo 19.06.99 21:39