Viktring bei Klagenfurt (Ktn.)

Ehemaliges Zisterzienserstift

Pfarr- und ehemalige Stiftskirche Unsere Liebe Frau

Dreischiffige spitztonnengewölbte Pfeilerstaffelhalle mit ausladendem Querhaus; Mitte 12. Jahrhundert begonnen, 1202 geweiht.


Graf Bernhard von Spanheim, ein Onkel Herzog Ulrichs I. von Kärnten und seine Frau Kunigunde, Tochter Markgraf Otakars von Steier gründeten 1142 auf ehemaligem Salzburger Besitz das einzige Zisterzienserkloster Kärntens. Für die Besiedlung wandte sich der Stifter an das lothringische Kloster in Weiler-Bettnach (Villars), wo sein Neffe Heinrich Abt war. Ab 1143 stand das Kloster unter erzbischöflich-salzburgischen und ab 1146 unter päpstlichem Schutz. Aufgrund des bedeutenden Ranges der Stifter war das Kloster von Beginn an reich dotiert, sodaß schon um die Mitte des 12. Jahrhunderts mit dem Abbruch der ersten provisorischen Holzbauten und dem Baubeginn der bestehenden Klosterkirche gerechnet werden kann. Nach W. Deuer wurden bald nach 1170 wesentliche Teile der Kirche fertiggestellt; die Weihe des gesamten Klosters erfolgte 1202 durch Erzbischof Eberhard von Salzburg.

In der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts wurde der Chor um einen polygonalen Schluß erweitert und außerdem ein massiver Nordturm beim nördlichen Querhausarm errichtet - eine Besonderheit im Rahmen der im allgemeinen turmlosen Zisterzienserarchitektur dieser Zeit. Im 15. Jahrhundert wurde vor allem die nördliche Kirchenflanke geöffnet und um Seitenkapellen erweitert. Durch Abbruch der ursprünglichen Trennwand zwischen den beiden nördlichen Chorkapellen schuf man im späten 15. Jahrhundert die Annenkapelle mit Rautensterngewölbe. Außerdem dürften beim spätgotischen Umbau auch die Gewölbegurten im Langhaus und Querschiff ihre spitzbogige Form erhalten haben.

Seit der Aufhebung des Klosters 1786 dient die Kirche nurmehr als Pfarrkirche. Dieser Bedeutungsverlust und massive Bauschäden erforderten 1843 die Abtragung und Verkürzung des Kirchenschiffes um zweieinhalb Joche; den Westabschluß bildet seither ein klassizistischer Fassadenspiegel.

Die Kirche war somit vor dem Teilabbruch eine dreischiffige, spitztonnengewölbte Pfeilerstaffelhalle von vier Jochen Länge, mit vorspringendem Querhaus und je zwei platt schließende Querhauskapellen sowie ein vorgeschobenes Chorquadrat. Die Mittelschiffjoche sind längsrechteckig, ebenso die Seitenschiffjoche. Die quadratische Vierung und der leicht tiefrechteckige Chor weisen mit den Langhausjochen keine zusammenhängende Proportionierung auf. Während das Mittelschiff eine fensterlose Längstonne aufweist, sind die Seitenschiffe mit Quertonnen gewölbt. Als jochtrennende Akzente im Langhaus dienen über Hängelisenen abgefangene Gurten an jeder zweiten Arkadenöffnung, sodaß sich daraus eine Art gebundenes System ergibt. Durch den nahezu gänzlichen Verzicht auf Bauornamentik wirkt der Raum insbesondere durch seine klare tektonische Strukturierung von Längs- und Quertonnen.

Die in Viktring verwirklichte architektonische Lösung hat ihre Vorbilder in der zisterziensischen Architektur Burgunds - unmittelbares Vorbild könnte der Erstbau von Clairvaux (1115 gegründet) gewesen sein, der allerdings später durch einen Neubau ersetzt wurde. Die Stilstufe von Clairvaux I. wird uns jedoch in der 1147 geweihten Klosterkirche von Fontenay überliefert. Anders als etwa in den babenbergischen Zisterziensergründungen (Heiligenkreuz) blieb die Übertragung eines rein burgundischen Kirchentypus nach Viktring ohne Nachfolge.


Literatur: Ginhart, Seestifte, 1955, 32 - 43. - Ginhart, Viktring, 1962. - Deuer, Viktring, 1985, 245 - 287. - Fuchs, Bauforschungen, 1985, 289 - 297. - Deuer, Viktring, 1992.


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© studiolo 19.06.99 21:39

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