Thernberg (NÖ.)

Pfarrkirche Unbefleckte Empfängnis Mariens.

Chorquadratkirche mit Apsis; gegen 1164.


In einer unter 1147 angeführten Urkundenabschrift des Chronicon Reichenspergense (III, 951) wird überliefert, daß der Ministeriale des Grafen Eckbert, Rapoto de terinberc, eine Kapelle erbaute, die von Erzbischof Eberhard I. von Salzburg (1147 - 1164) geweiht wurde. Da unter den Zeugen auch der Propst Arno von Reichersberg (1169 - 1175) erscheint, ist diese im Original nicht erhaltene Urkunde entweder eine Fälschung oder entstand erst um 1175. Im Zusammenhang mit der aus stilistischen Gründen eng verwandten Rundkirche von Scheiblingkirchen und einer auf diesen Rundbau bezogenen weiteren Urkunde kann jedoch die Weihe der Kirche von Thernberg gegen 1164, dem Todesjahr Erzbischofs Eberhard I., als gesichert angenommen werden.

Das Gebiet von Thernberg gehörte zum alten salzburgischen Missionsbereich, wobei bereits um 860 eine Laurentiuskapelle in Thernberg genannt wird. Kirchenrechtlich unterstand der Bau des 12. Jahrhunderts der Pfarre Bromberg und wurde von hier aus durch Chorherren des Stiftes Reichersberg (OÖ) seelsorgisch betreut. Die Erhebung zur selbständigen Pfarre erfolgte erst 1782. Der bis dahin in seinem hochmittelalterlichen Bestand unberührte Bau wurde durch Umorientierung, Erhöhung und Neuwölbung wesentlich verändert und in den oberen Teilen des Langhauses zerstört.

Im Typus entspricht der romanische Bau der sogenannten "erweiterten oder vollständigen Anlage" mit einschiffigem Langhaus, Chorquadrat und Apsis. Das Langhaus war ursprünglich durch Bandrippengewölbe und einen stark vorspringenden Gurtbogen in zwei Joche unterteilt, woraus sich die strengen Langhausproportionen von 1 : 2 zwangsläufig ergeben. Die Rippen besitzen noch keinen ausgeprägten Schlußstein, vielmehr läuft ein Transversalband durch, das andere ist ohne Verzahnung angesetzt. Die erhaltenen Wandvorlagen in den Jochecken zeigen diagonal zum Raum orientierte Würfelkapitelle über Halbsäulen und sehr steile, attisch profilierte Basen. Die Halbsäulen werden durch Rücklagen hinterlegt, die sich jedoch nicht als Schildbögen in der Wölbezone fortsetzen, sondern abrupt bei den Kämpferplatten enden. Die Wölbung des Chorquadrats hat sich nicht erhalten, doch kann mit einiger Wahrscheinlichkeit ein Tonnengewölbe über einfachem Gesims rekonstruiert werden; daran schließt - getrennt durch einen niedrigen Triumphbogen - die ungegliederte Apsis an.

Das Bandrippengewölbe im Langhaus gehört mit jenem im benachbarten Scheiblingkirchen (vor 1164) und der Kapelle der Burg Liechtenstein (Burg urkundlich gesichert für 1156) zu den frühen Rippengewölben im nicht klösterlichen Sakralbau Österreichs. Die ältesten Gewölbe dieser Art bestanden vermutlich bei der Stiftskirche von Klosterneuburg (1. Bau von 1114 - 1136); die frühesten erhaltenen Bandrippengewölbe im Langhaus zeigt die Zisterzienserstiftskirche von Heiligenkreuz.


Literatur: Kubes, Kirchenbauten, 1977, 60 - 63. - Schwarz, Architektur, 1979, 29f.


Register


© studiolo 19.06.99 21:39

 

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