Bau I: Apsidensaal mit segmentbogenförmigem Ostabschluß, Anfang 8. Jahrhundert.
Bau II: Chorquadratkirche, Presbyterium innen segmentbogig; 9. Jahrhundert.
Bau III: Saalraum mit abgeschranktem Presbyterium und Vorhalle; 10. Jahrhundert.
Bau IV: Chorquadratkirche mit Halbrundapsis; 11. Jahrhundert.
Bau V: Zweischiffiger Bau mit Halbrundapsiden; 12. Jahrhundert.
Bau VI: Zweischiffiger Bau mit geradem Abschluß, 13. Jahrhundert, urkundlich 1243 Pfarre.
Laut einer Erwähnung von 788 schenkte Anfang des 8. Jahrhunderts Herzog Theodbert dem Kloster Nonnberg unter anderem die Kirche in "Talagaoe". Für 1182 wird die Weihe der Martinskirche durch Erzbischof Konrad III (1177 - 1183) überliefert. 1243 wird sie urkundlich als Pfarre bezeichnet. Der heutige Bau, eine barocke Saalkirche, wurde bis auf den im Kern gotischen Westturm 1747 - 49 errichtet. Grabungen durch G. Melzer (1979) erbrachten insgesamt sieben vorbarocke Kirchengrundrisse, wobei von der zweischiffige Kirche mit Langchor aus der siebenten Bauphase (15. Jahrhundert) nur der Turm als letzter baulicher Rest in den barocken Neubau einbezogen wurde.
Der Erstbau hatte ein parallel verzogenes Langhaus mit nicht eingezogener flacher Apsis. Zwei Pfostengruben in der Mauer vor der Apsiskrümmung werden vom Ausgräber als Ansatzstelle für eine hölzerne Chorschranke gedeutet, der die Kirche mit der Nennung vom Anfang des 8. Jahrhunderts in Verbindung bringt. Der Typus ist in Salzburg und Bayern in den letzten Jahren mehrmals ergraben: in Salzburg-Liefering (Kirche des Petrus und Paulus), in Hallwang und Epolding-Mühltal bei München.
Der zweite frühmittelalterliche Kirchenbau aus dem 9. Jahrhundert überdeckte mit seinem Saalraum den gesamten Vorgänger und wurde nur nach Osten hin um ein Chorquadrat verlängert, dessen verstärkte Ostmauer innen segmentbogig abschloß.
Erst im 10. Jahrhundert kam es zu einer wesentlichen Vergrößerung des Kirchenbaus. Diese Saalkirche muß im Außenbau völlig ungegliedert gewesen sein, lediglich zwei Binnenmauern im Osten und Westen trennten das Presbyterium und eine Vorhalle ab. Beide ausgeschiedenen Raumteile sind auffallend schmal, sodaß es sich bei den ergrabenen Mauerzügen vielleicht nur um die Fundamente für Abschrankungen handelte. Bemerkenswert ist, daß die dritte frühmittelalterliche Bauphase vom üblichen Schema der Chorbildung (Bau I: Apsis, Bau II: Chorquadrat) abgeht und zu einem viel älteren Konzept des Einheitsraumes zurückkehrt.
Im 11. Jahrhundert folgt als vierter Bau eine frühromanischen Chorquadratkirche mit Halbrundapsis, die als frühes Beispiel dieses dann in der Hoch- und Spätromanik wichtigen Bautypus angesehen werden kann. Der Bau des 12. Jahrhunderts war zweischiffig mit Doppelapsiden; der urkundlich 1243 als Pfarrkirche genannte sechste Kirchenbau hatte einen geraden Ostabschluß.
Die früh- und hochmittelalterlichen Kirchen von Thalgau belegen, daß die typengeschichtliche Entwicklung im Kleinkirchenbau keineswegs linear verläuft und zu oft originellen Abwandlungen der Grundtypen führt.
Literatur: Buberl, Kunsttopographie 10/1, 1913, 229 - 243. - Melzer, Thalgau, 1984, 37 - 59. - Czerwenka, Architektur, 1992, 130f.
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studiolo 19.06.99 21:39