Scheiblingkirchen (NÖ.)

Pfarrkirche hll. Magdalena und Rupert.

Zentralbau mit Apsis; Mitte 12. Jahrhundert.


Die Rundkirche von Scheiblingkirchen zeigt in ihren stilistischen Ausprägungen und in den tektonischen Elementen den Übergang vom frühromanisch-flächigen Mauerbau zum hochromanischen, plastisch strukturierten Baukörper. Die Dominanz der Wandfläche zwischen den relativ dünnen, weit auseinandergezogenen Lisenen und Halbsäulen, der Verzicht auf einen abschließenden Rundbogenfries zugunsten des einfachen Abschlußgesimses und die noch wenig körperhaft geformte Dekoration der Kapitell- und Konsolplastik erinnern an stilistische Lösungen wie beim Bau der Krypta von St. Pantaleon (NÖ) oder Oberranna. Andererseits besitzt Scheiblingkirchen bereits einen ausgeprägten und profilierten Sockel, wie er schon im 1. Viertel des 12. Jahrhunderts beim Bau der Stiftskirche von Klosterneuburg zur Anwendung gelangte. Charakteristisch für den Stil im nicht klösterlichen Sakralbau um die Mitte des 12. Jahrhunderts ist, daß der Sockel noch nicht um die Wandvorlagen verkröpft wird, sondern gleichsam ein Postament bildet, auf dem die sehr steilen und wenig plastisch geformten Basen der Halbsäulen aufsitzen. Bemerkenswert erscheint, daß die Wandgliederung in den untersten Quaderlagen nur aus einer Halbsäule besteht, erst darüber tritt die sehr flache und unten verschliffene Rücklage der Lisene vor die Wand. Die Gliederung der wahrscheinlich gleichzeitig mit Scheiblingkirchen fertiggestellten und geweihten Kirche im benachbarten Thernberg besitzt bereits voll ausgebildete Wandvorlagen mit Halbsäulen und Lisenen - ein Indiz dafür, daß Scheiblingkirchen kurz vor Thernberg begonnen und nach einem Planwechsel mit den Lisenenrücklagen im Sinne einer mehr körperhaften Gliederung fortgeführt wurde.

Für das Bandrippengewölbe war zweifellos die gegen die Jahrhundertmitte ausgeführte Wölbung im Langhaus von Heiligenkreuz das Vorbild. Bautechnisch gesehen ist jedoch die Form der Wölbeschale - eine Kuppel mit verschliffenen Kappen in Art eines Klostergewölbes - nicht einwandfrei gelöst. Scheiblingkirchen erweist sich darin als ein Bau, welcher zwar versucht, die modernen Errungenschaften des Wölbebaus in den nicht klösterlichen Sakralbau zu übernehmen, der in seiner Gesamtkonzeption aber noch altertümliche, letztlich frühromanische Stilelemente aufweist.


Literatur: Sacken, Rundbauten, 1860, 337 - 341. - Kubes, Kirchenbauten, 1977, 71 - 77. - Schwarz, Architektur, 1979, 33f.


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© studiolo 19.06.99 21:39

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