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Expeditionen in den Nanokosmos:Vorwort von Dr. Henry JekyllAls Naturwissenschaftler hat unsereiner ja viel zu schreiben. Fachpublikationen, Anträge auf Fördermittel etc.. Im Laufe eines Wissenschaftlerlebens kommen leicht 200 Publikationen zusammen, in extremen Fällen können es auch an die 1000 werden. Ein gewisser Yuri Struchkov in Moskau war in den Jahren 1981--1990 Ko-Autor von insgesamt 948 Publikationen, das macht knapp vier Tage für jede. Geht es nach der Resonanz, so wird er jedoch von dem Aids-Forscher Robert Gallo übertroffen, der in demselben Zeitraum zwar "nur" 428 Veröffentlichungen erreicht hat, dessen Arbeiten aber im Schnitt 86 mal von anderen Wissenschaftlern zitiert wurden (Struchkov kommt nur auf drei Zitierungen pro Paper). Der Durchschnitt von 86 Zitierungen pro Veröffentlichung ist zwar ein traumhafter Spitzenwert, verglichen mit der Resonanz anderer Arbeiten. Er demonstriert aber gleichzeitig auch, wie klein unsere Leserschaft ist. Selten schreiben wir etwas, das mehr als 100 Menschen (weltweit) gewillt sind zu lesen oder auch nur verstehen könnten, wenn sie es lesen wollten. Wer versucht, für ein größeres Publikum zu schreiben, macht sich in unserer Zunft verdächtig, die Wissenschaft zu trivialisieren. Wer sich auf das Niveau des Laienpublikums herabläßt, ist ja vielleicht gar kein richtiger Wissenschaftler mehr, sondern nur noch ein Wissenschaftsjournalist. Ich muß Ihnen gestehen, mein alter ego, ein gewisser Mr. Hyde, ist auch so einer. Nachts, wenn alles schläft, holt er seinen tragbaren Computer hervor und frönt der niederen Journaille. Mir soll's ja recht sein, wenn es ihm Spaß macht. Hier kommt also, als Resultat von Mr. Hydes fortgesetztem nächtlichen Treiben, eine Sammlung seiner Reiseberichte aus der Welt der Moleküle, in der auch meine Forschungstätigkeit angesiedelt ist. Es ist unsere alltägliche Welt, in Nahaufnahme betrachtet. Wir bewegen uns auf der Größenskala im Bereich der Inneneinrichtung von lebenden Zellen, aus denen wir alle bestehen. Dennoch mag diese Welt -- oder eher diese Perspektive -- Nichtwissenschaftlern fremd erscheinen, weil wir sie nicht sehen können.Und wir werden sie niemals wirklich sehen können, da ihre Feinstrukturen kleiner sind als die Wellenlänge des sichtbaren Lichts. Erst seit wenigen Jahrzehnten haben wir Methoden an der Hand, um uns indirekt Vorstellungen von ihr zu verschaffen. Um den Schritt von der Beobachtung zur Synthese und Nutzbarmachung dieser unsichtbar kleinen Dinge soll es in diesem Buch gehen. Denn eine Technologie, um die Reichtümer dieser unsichtbaren Welt zu nutzen, ist heute noch Utopie.
Vorwort von Mr. Edward HydeTja, da ist was dran, daß die Elaborate von Dr. Jekyll und seinen GenossInnen nicht einmal von 100 Leuten verstanden werden. Auch wenn das hier in Großbritannien seit C.P Snows "Zwei Kulturen" und erst recht seit der Einführung der jährlich stattfindenden National Science Week 1994 ein Dauerthema für Kolumnisten ist -- geändert hat sich daran noch nicht sehr viel. Der Wissenschaftsredakteur des Guardian argwöhnte jüngst in einer Kolumne über die Sprachbarriere zwischen den Naturwissenschaften und dem Rest der Welt, die WissenschaftlerInnen benutzten einen Geheimkode, vielleicht gar um etwas zu verbergen. Andererseits gibt es hierzulande eine Tradition, daß Wissenschaftler auch Bücher für das Laienpublikum schreiben, was allerdings mindestens ebensosehr auf die Geringfügigkeit der akademischen Gehälter wie auf das Mitteilungsbedürfnis der AkademikerInnen zurückzuführen ist. Zwei prominente Autoren arbeiten in meiner Nachbarschaft an der South Parks Road: Peter Atkins und Richard Dawkins. Und natürlich gehört auch "Alice in Wonderland" zur hiesigen Lokalkultur. Doch abgesehen von einigen Ausnahmen, wie Dawkins Buch "Der blinde Uhrmacher" oder dem Sensationserfolg "A Brief History of Time" werden die meisten dieser Werke wohl kaum von NichtwissenschafterInnen gelesen, allenfalls von KollegInnen aus anderen Fachbereichen. Und auch in Deutschland sind die sogenannten Sachbuch-Bestsellerlisten im Spiegel zumeist von magischen Augen 1--5, Biographien, Autobiographien, und anderen Werken gefüllt, deren Klassifizierung als non-fiction wohl einer genaueren Betrachtung nicht standhalten würde. Nichtsdestotrotz habe ich versucht, meine gesammelten Erkenntnisse aus drei Jahren nächtlicher wissenschaftsjournalistischer Betätigung zu einem Sachbuch zu bündeln, einem Buch, das Sachinformation über einen verborgenen aber fundamental wichtigen Teil unserer Welt gibt. In der verrückten Hoffnung, daß dieses Buch nicht nur von Dr. Hydes KollegInnen zur Hand genommen wird, die nachsehen wollen, ob ihre Publikationen zitiert werden, sondern auch von dem einen oder anderen Nichtwissenschaftler, der herausfinden könnte, daß die Welt der kleinsten Dimensionen viel faszinierender ist als seine Schulweisheit ihn träumen ließ. Die meisten der in Teil II und III enthaltenen Expeditionsberichte wurden ursprünglich für die Süddeutsche Zeitung und/oder Spektrum der Wissenschaft geschrieben. Mein Dank gilt den zuständigen RedakteurInnen, insbesondere Dr. Jeanne Rubner und Dr. Gerhard Trageser, ohne deren stete Hilfe und Ermutigung meine journalistischen Arbeiten wohl niemals die kritische Masse erreicht hätten, um zu einem Buch zu verschmelzen. Einige Experimente mußte auch ich anstellen, um die Wirkung meines Werkes auf die LeserInnen zu testen. Ein großes Dankeschön an die Versuchskaninchen, die ich zumeist Familienkreis rekrutierte. Mein Vater hat diese Arbeit zusätzlich durch die Bereitstellung tragbarer Hosen und Computer gefördert. Den im Literaturverzeichnis zitierten WissenschaftlerInnen verdanke ich natürlich, daß es überhaupt spannende Forschung zu berichten gab. Darüber hinaus danke ich Drs. Lia Addadi, Frieder W. Lichtenthaler, John Mann, Stephen Mann, Bert Meijer, Helen Saibil, Fritz Vögtle und Horst Weller für Rat und Hilfe.
Michael Groß Oxford, Ostern 1995
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12.01.2005 |