Das Letzte Testament

From Intro No. 18, October 94

by Andreas Borcholte

Sichtlich um Heiterkeit bemueht sitzen Robin Proper-Sheppard und Ronald Austin vor mir, während die Frage nach dem Sinn und Zweck dieser Promotion-Tourungemuehtlich im Raum steht. Denn THE GOD MACHINE, jene hoffnungstragende band, deren zweites Album vermutlich den verdienten Durchbruch bewirkt hätte, existiert bereits nicht mehr.

Kurz bevor wir hier eintrafen haben Ron und ich beschlossen, das Konzept un den Namen sterben zu lassen, erzählt Robin Sheppard und wirft einen nach Bestätigung suchenden Blick zu seinem verblichenen Partner. Jimmy Fernandez, der Bassist und Mitbegruender des in London ansässigen Trios, verstarb im Mai, kurz nach Fertigstellung der letzten Bänder fuer das Album, ueberraschend an einem gehirntumor. Ein Schock fuer die beiden verbliebenen Bandmitglieder, die sich eines guten Freundes als auch einer nicht zu ersetztenden musikalischen Komponente beraubt sahen. Robin: " Der bloBe Gedanke ohne Jimmy weiter- zumachen, erschien uns von Anfang an absurd. Die Entstehung unseres Albums Scenes from the second storey die Tournee, selbst unsere Reise nach Prag im letzten Fruehling, dann die Arbeit an dem neunen Album, all das haben wir zu dritt bewältigt und erlebt. Insofern ist es fuer uns eine moralische Frage, ob es THE GOD MACHINE nach Jimmys Tod weiter geben kann oder nciht, wobei die Antwort auf der Hand liegt.

So stellt One last laugh on a place of dying, so der bezeichnende Titel des Albums, fuer Robin und Ronald mehr ein musikalisches Testament dar als einen weiteren Schritt in der Entwicklung der Band. Die simpel anmutende Songtitel The sunday song, the train song, zeugen daher nicht von Einfallslosigkeit, sondern sind schlicht Arbeitstitel, erklärt Ron. " Als Jimmy starb, hatten wir uns noch keine Gedanken darueber gemacht, wie die einzelnen Songs heißen sollten. Ohne ihn entscheiden wollten wir aber auch nicht. Also haben wir einfach alles so gelassen, wie es war."

Die Tragik offenbart sich erst im vollen MaBe, wenn man sich One last laugh on a place of dying anhört. Wie schon das beeindruckende Debüt verfuegen viele Songs ueber ungeschliffene Energien jenseits jeglicher Stilrichtung. Der Versuch, die Musik von THE GOD MACHINE, in ein stilistisches Korsett zu zwängen, schlägt fehl, zu verschieden sind die Klangbilder, zu variationsreich die Arrangements. Die Härte des Erstlingswerks wird nunmehr durchbrochen von fast folkig-psychedelisch anmutenden Balladen und Midtempo Stuecken, die fuer ein Komplexeres Erscheinungsbild sorgen. Mit zimlicher Sicherheit hätte dieses Album in England bereits als Hoffnungsträger im Alternative-Rock-Sektor geltende Band den Durchbruch bedeutet. Doch derlei Spekulationen sind in weite Ferne gerückt, zumindest was die uebriggebliebenen GOD MACHINES Robin und Ronald betrifft. Auf die Frage was die Zukunft bringen mag, erhalte ich von den beiden aus San Diego stammenden Amerikanern nur ein Achselzucken:" Die Londoner Musikszene ist hart, aber abwechslungsreich. Ständig bist du auf der Hut, versuchst, flexibel zu sein. Das war einer der gruende fuer uns, nach ENgland zu gehen," erklärt Robin, "deshalöb wird es uns frueher oder spater gelingen ein neues musikalisches Konzept auf die Beine zu stellen." Hoffentlich eines, das die Ansatzpunkte von THE GOD MACHINE weiter verfolgt....


Transcribed by Holger Summer (Holger.Summer@rz.ruhr-uni-bochum.de) 1