Rhein-Neckar Zeitung
7.8.'96

Mehr als nur Landschaft

Bill C. Ray in der Heidelberger Galerie Calumet

,,Icy Strait", ein in herrlichsten Blautönen gehaltenes Landschafts-Diptychon, empfängt den Besucher der derzeitigen Ausstellung in der Heidelberger Galerie Calumet Landschaft ist auch das Thema fast aller anderen ausgestellten Arbeiten Bill C. Rays. Titel wie ,,Mount Blackburn", „Blackerby" oder „Chilkat Range" deuten darauf hin daß der amerikanische Künstler einen in der Welt tatsächlich existierenden Landschaftsausschnitt als Motiv gewählt hat, Bezeichnungen wie ,,Inside Passage oder , „Alaska Light" lassen jedoch eher an eine imaginäre Landschaft denken. Vision oder Wirklichkeit? Sind diese Bilder von Bill C. Ray Nachzeichnungen seiner Heimat A1aska oder Expressionen einer inneren Gestimmtheit des Künstlers?

Als Grundelemente der stimmungsvollen Bilder sind Luft und Wasser, Wellen und Wind, Felsen und Meer zu nennen, farblich oft Ton in Ton gehalten, zum Teil strahlend leuchtend, zum Teil neblig trüb erscheinend. Der einzige Verweis auf menschliche Existenz - und das auch nur in einzelnen Bildern besteht in einem leeren Kahn. Zu sehen als Metapher für von Menschenhand Geformtes, treibt dieser von der Bewegung der Natur getragen umher, oder stößt auf Felsen auf.

So sind es nicht menschliche Gestalten, die die Landschaften Bill C. Rays beleben. Belebt werden die Bilder durch den Blick des Betrachters, der sich von der Stimmung der Landschaft einfangen und in die Bildwelt einbeziehen läßt. Und indem der Künstler sogar die Rahmen seiner Bilder mit Landschaft bemalt, sozusagen über das Bild hinausmalt, entsteht ein Flächenraum, eine kleine abgeschlossene Welt.

Die Landschaft wird somit e]n Blickfeld für die Augen-Wanderung des Beschauers. Dieser darf in eine Welt eintauchen, in der der Mensch nicht über Natur herrscht, sie nicht mit Zerstörung und Umweltverschmutzung schändet. Vielmehr zeugen Bill C. Rays Arbeiten von der Gebundenheit des Menschen an die Natur In ihrer Ästhetik eine Art Psalm auf die Schönheit der Schöpfung, sind diese Bilder vielleicht romantisch im Sinne der Landschaftsdarstellungen eines Caspar David Friedrich zu nennen.

In der Form der Abstraktion gehen sie einen Schritt weiter. Die dargestellte „Farb-Licht-Gestalt" ist oft nur eine Landschaftsanleihe, ein Assoziationskörper, der trotz Ver-bundenheit mit einem ganz bestimmten Teil der Welt - Alaska nämlich, der Heimat des Künstlers - keine Landschaft heroisiert oder idealisiert. An die romantische Tradition gebunden bleibt Bill C. Ray. in der Weise, daß er mit Hilfe von Farbe und Licht Stimmung evoziert. In der Verwebung von menschlichem Sehen mit wechselnden Erscheinungen der Natur erhalten die Arbeiten ihr harmonisches Ge-präge (bis 31. August). Edith Sauer-Polonik

1