Echte Pretender - Echte wannabes? Gibt es das? ... und Frage an RK
[ Pretending ] Geschrieben von Rollinwhite am 01. Dezember 2000 17:32:41:
Hallo Leute!
Lassen sich beide Phänome so exakt voneinander trennen? Ich denke, das kann nur jeder individuell für sich beantworten.
1.) Ich merke bei mir, dass ich einen jahrzehntelangen Weg seit meiner Kindheit gegangen (und manch mal gerollt) bin. Mein Interesse galt schon im Kindesalter Mädchen (später Frauen) mit verschiedenen Arten von Körperbehinderungen - also eher eine Devotee-Neigung. Auch das Interesse an den Behinderungsarten wechselte im Laufe der Zeit (durch Bilder und reale Kontakte), wobei sich gewisse Präferenzen herausgebildet haben.
2.) Aber schon früh habe ich selbst ausprobiert, wie z. B. das Gehen mit einer selbstgebauten Beinschiene erschwert wird usw. Früher dachte ich, dass dieser autoerotische Hang eher etwas mit dem Mangel an behinderten Frauen in meinem Leben zu tun hätte. Erst vor vielleicht zwei Jahren ist mir klar geworden, dass ich auch gerne im Rolli pretende und dieses auch weiterverfolgen würde, wenn ich mit einer netten Rollifahrerin eine Beziehung eingehen würde. Also ist deutlich, dass das Pretenden für mich eine eigene Qualität hat. Ich bin immer noch am Erforschen, wo für mich darin eigentlich der Kick liegt. Erstens ist der Rolli so etwas wie ein Sportgerät (Bewältigung von Hindernissen z. B. und auch realer Rollisport), zweitens ist die Fantasie, mit einer bestimmten Behinderung auf den Rolli angewiesen zu sein (inkompletter Querschnitt, Polio), sehr lustvoll besetzt. Die dritte Dimension ist die soziale Ebene: wie nimmt mich meine Umwelt im Rolli wahr, wie gedankenlos reagiert die Umwelt, welche Barrieren gibt es, welche die Selbständigkeit von RollifahrerInnen beeinträchtigen usw.
3.) Der zweite lustvolle Aspekt in Bezug zu meinem Körper bringt mich in die Nähe von Wannabes. Ich merke immer deutlicher, dass ich sehr gerne die Erfahrung machen möchte, wie sich mein Körper mit gelähmten Beinen anfühlt. Allerdings soll es zunächst nur eine temporäre Erfahrung sein. Ich würde mich ungerne von Dingen verabschieden, für die ich meine Beine brauche: Tanzen, bestimmte Sportarten und vieles mehr. Ich wollte auch nicht sexuelle Funktionen verlieren. Ganz davon zu schweigen, ob ich die ganze Widrigkeiten des Alltages im Leben eines Rollifahrers auf Dauer haben wollte (zeitweise ist es okay). Trotzdem merke ich, wie der Wunsch nach dieser Erfahrung zeitweise sehr stark wird.
Ich weiß nicht, ob dies womöglich nur eine Vorstufe ist, sich irgendwann zu einem Wannabe zu entwickeln. Ausschlaggebend dafür sind sicherlich noch tieferliegende psychische Konstellationen, die mir selbst nicht bewußt sind: Wird ein behinderter Körper eher zu meinem Selbstbild passen (nun ist das Selbstbild nichts Statisches!)? Was verbinde ich mit einem Leben als behinderter Mann? Welchen Gewinn würde mir ein solches Leben bringen? Ist dieser ersehnte Gewinn in meinem Leben auch auf andere Weise herbeizuführen? Usw. ... alles unbeantwortete Fragen, die m. M. nach etwas mit Wannabe-Wünschen zu tun haben.Soweit meine Meinung (die eher einen Suchprozeß darstellt) zum Thema fließende Grenzen zwischen Pretendern und Wannabes.
Noch eine Frage an RK:
Wie würdest Du Dich einsortieren? Eher Devotee, Pretender oder Wannabe? Dazu hast Du bisher gar nichts geschrieben.
Wie ist es mit Deinen ethischen Grenzen bezüglich der Unterstützung eines Wannabe-Wunsches bei anderen? Kommen da keine Zweifel bei Dir, ob sich das womöglich in der Konsequenz doch als falsch herausstellen könnte, jemandem mit einem Messerstich zu einem Querschnitt verholfen zu haben?Viele Grüße, Rollin