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Möllemann als "Deutschlands Haider"?

FDP-Spitze: Möllemann muss sich entschuldigen

Karsli zieht sich aus FDP zurück

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Möllemann als "Deutschlands Haider"?

Berlin - Der stellvertretenden FDP-Chef Jürgen Möllemann strebt nach Meinung des ehemaligen CDU-Generalsekretärs und CDU-Vizevorsitzenden Heiner Geißler in Deutschland eine Position an, wie sie Jörg Haider in Österreich hat. "Ich glaube, dass will er schon werden", sagte Geißler am Montag im Deutschlandfunk auf die Frage, ob Möllemann, der unter Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) bis 1993 Vizekanzler gewesen war, zum "Haider Deutschlands" werde. Zugleich wies Geißler die Darstellung Möllemanns zurück, die jüngsten rechtspopulistischen Wahlsiege in einigen europäischen Staaten seien eine "Emanzipation von Demokraten." Dies sei "politischer Schwachsinn", sagte Geißler.


Gewinnung von rechtsradikalen Wählern

Der CDU-Politiker sagte, es dürfe nicht sein, dass man bei der Gewinnung etwa von rechtsradikalen Wählern diesen inhaltlich entgegen komme. "Es geht ja nicht an, rechtsradikale Wähler zu gewinnen, indem man die rechtsradikalen Parolen übernimmt. Dann verändert sich die Struktur der eigenen Partei." FDP-Chef Guido Westerwelle hatte am Wochenende angekündigt, sich auch um Wähler von PDS oder Republikanern bemühen zu wollen.


"Hier gibt es keinen Ruck nach rechts"

In der FDP gibt es nach Einschätzung des ehemaligen Parteichefs und Ex-Außenministers Klaus Kinkel trotz der jüngsten Aussagen von Parteichef Westerwelle und dessen Stellvertreters Möllemann keinen Richtungswechsel nach rechts. "Hier gibt es keinen Ruck nach rechts", sagte Kinkel am Montagmorgen im ZDF. Insbesondere gebe es dies nicht mit FDP-Politikern wie ihm und den Ehrenparteivorsitzenden Hans-Dietrich Genscher oder Otto Graf Lambsdorff. "Und auch Möllemann will diesen Ruck nach rechts nicht. Da ist auch manches ein bißchen unglücksselig ausgelegt worden", sagte Kinkel. Bis zur Bundestagswahl im September werde sich die Situation wieder "heruntergekühlt" haben.


"Aggressiv-arrogant"

In der durch die so genannte "Karsli-Affäre" ausgelösten Antisemitismus-Kontroverse zwischen der FDP und dem Zentralrat der Juden in Deutschland hatte bereits der Grünen-Spitzenkandidat für die Bundestagswahl, Außenminister Joschka Fischer, Möllemann in die Nähe des früheren FPÖ-Chefs Haider gerückt. Der stellvertretende FDP-Chef hatte erklärt, dass die Politik des israelischen Regierungschefs Ariel Sharon gegenüber den Palästinensern und der "aggressiv-arrogante" Umgang des Vizepräsidenten des Zentralrats der Juden, Michel Friedman (CDU), mit jedem Sharon-Kritiker "geeignet sind, antiisraelische und antisemitische Ressentiments zu wecken".


"Zionistische Lobby"

Der Ex-Grünen-Politiker syrischer Abstammung Jamal Karsli kann auf Betreiben Möllemanns als Parteiloser Mitglied der FDP-Landtagsfraktion in Nordrhein-Westfalen bleiben. Er hatte der israelischen Armee "Nazi-Methoden" bei der Bekämpfung der Palästinenser vorgeworfen und von einer "zionistischen Lobby" in Deutschland gesprochen. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hatte daraufhin den Liberalen die Regierungsfähigkeit abgesprochen.


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FDP-Spitze: Möllemann muss sich entschuldigen

Der FDP-Vorstand befasste sich am Freitag in einer Sondersitzung mit den Antisemitismus-Vorwürfen gegen FDP-Vizechef Jürgen Möllemann. Dabei stand dieser unter starkem Druck des gesamten Vorstands, sich beim Zentralrat der Juden in Deutschland förmlich zu entschuldigen. Insbesondere von FDP-Chef Guido Westerwelle wurden klarere Worte als bisher erwartet. Der Vizepräsident des Zentralrats, Michel Friedman, Adressat von Möllemanns umstrittenen Äußerungen, verstärkte inzwischen den Vorwurf des Antisemitismus und Rechtspopulismus gegen die FDP.


Möllemann hatte am Mittwoch seine Kritik an Israels Palästina-Politik bekräftigt, gleichzeitig aber seine Aussage bedauert, Friedman nähre mit seinem "arroganten" Auftreten vorhandene Ressentiments gegen Juden. Eine persönliche Entschuldigung sei immer noch ausständig, insistierte danach der Vorsitzende des Zentralrats der Juden, Paul Spiegel. Diese sei Bedingung für das Ende der Kontroverse.
FDP-Generalsekretärin Cornelia Pieper dementierte vor der Sitzung ein Ultimatum mit dem Entzug der Stellvertreter-Funktion gegen Möllemann. Dies wäre auch statutenmäßig unmöglich. Sie gehe davon aus, dass Möllemann sich "selbstverständlich" entschuldigen werde. "Wo die Wellen hoch schlagen, gibt der Klügere nach", so Pieper.

"Die unselige Debatte muss schnellstens beendet werden. Die Partei hält dies keinen Tag länger aus."
FDP-Fraktionschef

Der Druck auf Möllemann wurde durch einen Appell von 300 Funktionären der Partei, darunter mehreren Landesvorsitzenden, verstärkt. Auch Fraktionschef Wolfgang Gerhardt sowie die beiden einflussreichen Ehrenvorsitzenden Hans- Dietrich Genscher und Otto Graf Lambsdorff sprachen sich vehement gegen einen "Rechtsruck" der FDP aus.


Erschwert wurde ein Einlenken Möllemanns durch eine neue Attacke Friedmans, der ihn im Fernsehen scharf angriff: Bisher seien rechtsextreme Stimmen "am Rand der Gesellschaft in anderen Parteien geparkt" gewesen, nun hätten sie eine "offene Tankstelle namens FDP, deren Tankwart Möllemann und deren Besitzer Westerwelle" hießen.


Inzwischen schlingert die SPD zwischen Ausgrenzung der FDP und deren Erhalt als möglichen Koalitionspartner. Während Generalsekretär Franz Müntefering ihr noch "kühl kalkulierte wahltaktische Spielchen" vorwarf, bremste erstmals Parteichef Gerhard Schröder: Er halte die FDP und Möllemann nicht für antisemitisch, erwarte aber eine "glasklare" Klärung ihrer Position.


Laut ZDF- Umfrage hat die FDP seit Beginn der Kontroverse um einen Prozentpunkt auf 11 Prozent zugelegt. Ein Viertel der Wahlberechtigten hält Möllemanns Vorwürfe für gerechtfertigt.


Karsli zieht sich aus FDP zurück

Düsseldorf/Berlin - FDP-Vizechef Jürgen Möllemann hat sich dem Ultimatum seines Parteivorsitzenden Guido Westerwelle gebeugt. Der wegen anti-israelischer Äußerungen umstrittene nordrhein-westfälische Landtagsabgeordnete Jamal Karsli kündigte am Donnerstag seinen Austritt aus der FDP-Fraktion an. Möllemann seinerseits entschuldigte sich vor dem Düsseldorfer Landtag bei allen jüdischen Menschen in Deutschland für seine Äußerungen über den Vizepräsidenten des Zentralrats der Juden, Michel Friedman. In einer ersten Reaktion zeigte sich der Zentralrat wieder zu einem Gespräch mit der FDP bereit.


Äußerung als Fehler öffentlich bedauert

Möllemann hatte Friedman vorgeworfen, durch arrogantes Auftreten Vorurteile gegen Juden zu bestätigen. "Diese Äußerung im Zorn habe ich als Fehler öffentlich bedauert. Sollte ich damit die Empfindungen jüdischer Menschen verletzt haben, möchte ich mich bei diesen entschuldigen", sagte der FDP-Politiker. Friedman nahm die Entschuldigung an und erklärte sich zu einem Treffen mit der FDP-Spitze bereit. Zwar bedauerte er, dass Möllemann sich nicht persönlich bei ihm entschuldigt habe. Er begrüßte aber den Sinneswandel.


Westerwelle stellte öffentlich Ultimatum

Bisher hatte Möllemann eine Entschuldigung entschieden abgelehnt und an Karsli festgehalten. Nach einer Niederlage im FDP-Vorstand von Nordrhein-Westfalen in der Nacht auf Dienstag stellte Westerwelle am Mittwoch Möllemann öffentlich ein Ultimatum, sich von Karsli zu trennen. Der umstrittene frühere Grün-Abgeordnete teilte am Donnerstag in einem Brief mit, auf die Mitarbeit in der Fraktion der FDP im Düsseldorfer Landtag zu verzichten. Er habe diese Entscheidung aus freien Stücken getroffen, um Schaden von der FDP abzuwenden. Möllemann erklärte, er akzeptiere diesen Schritt.


Wahlkampfmannschaft bleibt unverändert

Westerwelle reagierte erleichtert und dankte Möllemann. Der NRW-Landeschef der Liberalen bleibe damit auch sein Stellvertreter, und er werde gemeinsam mit ihm in den Wahlkampf ziehen, betonte Westerwelle. Der FDP-Chef begrüßte auch, dass der Zentralrat der Juden wieder Gesprächsbereitschaft mit seiner Partei zu erkennen gegeben habe. "Es hat sich gezeigt, dass die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Herrn Möllemann funktioniert. Sie hat sich gerade in diesen Stunden bewährt." Es gebe auch keine Überlegungen, die Wahlkampfmannschaft zu verändern.


FDP "als Partei der Mitte"

Der FDP-Chef bekräftigte gleichzeitig seine scharfen Vorwürfe insbesondere gegen SPD und Grüne, die mit dem Vorwurf des Antisemitismus Wahlkampf betrieben hätten. Wer jetzt weiterhin der FDP antisemitische Tendenzen unterstelle, betreibe "ein schäbiges Spiel" und lege "die Axt an die Gemeinsamkeit der Demokraten". Westerwelle betonte: "Der Vorwurf des Antisemitismus gegen die FDP ist ehrverletzend." Er nehme in diesem Punkt die gesamte FDP-Führung in Schutz. Wer so angreife, werde den geschlossenen Widerstand der FDP "als Partei der Mitte" erleben.


Kritik an Politik Israels

In seiner Erklärung vor dem Düsseldorfer Landtag bekräftigte Möllemann seine Kritik an der israelischen Politik. Es sei inakzeptabel, wenn er vom Zentralrat als antisemitisch bezeichnet und als Volksverhetzer hingestellt werde. Nach Meinung Friedmans ist dennoch Schaden entstanden, der lange Zeit und viele Vertrauensmaßnahmen brauchen wird, geheilt zu werden. Karsli bot Möllemann allerdings weitere Zusammenarbeit an. Er sei "traurig, was die Demokratie hier betrifft, wenn man jemanden mit gewissem Druck mundtot kriegen kann".


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