"Die Hälfte seines Wissens nimmt der Mensch über Bilder auf,
ermittelten amerikanische Forscher,
ein weiteres Viertel über das Gehör.
15 Prozent erfährt er aus Unterhaltungen mit Freunden und Bekannten
und nur 10 Prozent durch Bücher und Zeitschriften.
Herkömmlicher Unterricht basiert dagegen zu über 90 Prozent
auf Schulbüchern und Quellentexten."
(Der Spiegel 9 (1994), S. 108)
 

Lernen lernen im Internet

 

2. Charakteristika des "neuen Lernens" - Möglichkeiten und Grenzen

a) Euphorie und schon ein Ende?

Während die deutschen Schulen im Rahmen des Programms "Schulen im Netz" beginnen, für den multimedialen Bereich und das Lernen in der Zukunft aufzurüsten und die Euphorie über die Möglichkeiten des Internets auch manchen Lehrer erfasst, setzen parallel dazu erstes Nachdenken und eine erste Ernüchterung ein. Ist der Computer auf gesellschaftlicher Ebene inzwischen eine Selbstverständlichkeit, müssen Schulen mit ihrem Sachaufwandsträger und privaten Sponsoren ringen um Gelder für eine zeitgemäße Mindestausstattung ringen. Ist die Anlage beschafft, wirft sich schnell die Frage auf, wer die neuen Techniken wie einsetzen soll, damit sie zu einem Lern- oder gar Bildungsfortschritt der Kinder beitragen, der über bloßes surfen oder chatten hinausgeht. Ein wenig schon geht die Angst um: Ergeben sich mit den neuen Medien wirklich neue Perspektiven für Bildung und Lernen? Oder sind sie nicht doch wieder nur ein Strohfeuer, nach dessen schnellem Verglühen sich herausstellen wird, dass - wie bei Sprachlabor, Videoausstattung oder programmiertem Unterricht der 70-er Jahre - statt einer "Revolution des Lernens" (Der Spiegel 9 (1994)) wieder nur ein veralteter, kaum eines weiteren Blickes gewürdigter Technologiepark übrigbleibt.

Jenseits solcher erster Zweifel sind Internet und Computer für viele vor allem Hoffnungsträger: Hat nicht jeder Interessierte endlich Zugriff über eine schier unbegrenzte Anzahl von Informationen? Kann die Faszination der Schülerinnen für die Medien nicht endlich über den dröge Schulalltag hinweghelfen und zu einer ebenso schrankenlosen wie wirklichkeitsnahen und selbstbestimmten Auseinandersetzung mit unserer ganzen Welt verhelfen? Ist nicht das Ende von Paukerei und Schulstress in Sicht, da medial geweckte Interessen und Motivationen über alle Hürden hinweghelfen?

Hinter all den Sehnsüchten steckt nicht zuletzt auch der uralte Wunsch nach einem Nürnberger Trichter, der in uns das Weltwissen, fern aller Beschwernisse, hineinfließen lässt. Und es formuliert sich - parallalel zu allen Reformdiskussionen - der Wunsch nach einer neuen Schule, die die Lernenden zur Selbsttätigkeit befreit.
 

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