Wo bleibt der Wille zum Mitbestimmen?
Meine lieben Mitschülerinnen und Mitschüler,
Was ist los mit euch? Warum habt ihr (zumindest zu einem großen Teil) keine Lust euch in der Schülervertretung (SV) zu engagieren? Findet ihr, dass alles so toll läuft, dass eure Hilfe einfach nicht benötigt wird oder geht euch das, was in der SV gemacht wird, ehrlich gesagt am A.... vorbei? – All das will ich euch auf diesem Weg einmal ganz provokativ fragen.
Denn für mich ergeben sich diese ganzen Fragen im Rückblick auf die letzten SV-Wahlen:
Für kaum ein SV-Amt gab es mehr als einen Bewerber. Für manche Ämter musste ich Leute sogar gezielt ansprechen, um überhaupt einen Kandidaten zu haben.
Ich kann nicht verstehen, warum es kaum noch Schüler gibt, die sich für ein SV-Amt zur Verfügung stellen. Warum habt ihr kein Interesse an all dem, was in „unserer“ Schule so abgeht? Warum wollt ihr nicht mithelfen, dass unser Schulklima besser wird und die Interessen der Schülerinnen und Schüler zu Gehör gebracht werden? Seid ihr etwa – wie es die Medien gerne formulieren – politik- oder gar SV-verdrossen, weil ihr glaubt, dass eine Schülervertretung letzten Endes gar nichts bringt?
Wenn das der Fall ist, möchte ich euch gerne vom Gegenteil überzeugen:
„Bei der Verwirklichung der Bildungs- und Erziehungsziele der Schule [...] wirken die Schülerinnen und Schüler durch ihre Schülervertretung eigenverantwortlich mit.“
- So beginnt der Abschnitt des Hessischen Schulgesetzes, der sich mit den Aufgaben der Schülervertretung in der Schule beschäftigt. Schaut man sich den Satz einmal näher an, versteht man schnell, welch bedeutsame Rolle uns Schülern im Schulgesetz zugestanden wird: Wir sollen an der Verwirklichung der Bildungs- und Erziehungsziele unserer Schule mitwirken!
Das ist doch was! Wir haben durch die Schulkonferenz, die Gesamtkonferenzen, die Fachschaftskonferenzen und durch Gespräche mit einzelnen Lehrern und der Schulleitung die Möglichkeit, die Interessen der Schülerinnen und Schüler um- und durchzusetzen.
Auch im Schulgesetz gibt es viele Rechte, die es der Schülervertretung erlauben auch einmal gegen Lehrer oder die Schulleitung zu „rebellieren“. So können wir zum Beispiel alle Beschlüsse einer Konferenz (außer Notenkonferenz) außer Kraft setzen, wenn wir nicht eingeladen wurden.
Deshalb ist die Schülervertretung der einzige Garant für uns Schüler, dass die Schule eine Veranstaltung für Schüler bleibt und nicht zur Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Lehrerinnen und Lehrer verkommt.
An unserer Schule mussten wir in den letzten Jahren nicht auf die Umsetzung unserer per Schulgesetz garantierten Rechte pochen, weil die Schulleitung um einen guten Draht zu uns Schülern bemüht ist. Aber was wäre, wenn wir keine schülerfreundliche Schulleitung hätten? Was passiert, wenn Herr Rupperts Nachfolger ganz andere Vorstellungen von Schule und Schülerfreundlichkeit hat?
Ihr seht also: Die, die sich in der SV engagieren, können in der Schule tatsächlich mitbestimmen und müssen es auch. Erst eine starke Schülervertretung macht es möglich, dass sich Schülerinnen und Schüler an ihrer Schule wohlfühlen können und wissen, dass jemand für sie da ist, der ihre Rechte notfalls mit Gesetzeskraft durchsetzt.
Aber das alles funktioniert nur, solange es genug Schüler gibt, die Interesse daran haben für ihre Mitschüler durch ihre Mitarbeit in der SV einzutreten. Doch genau dieses Interesse vermisse ich am Gymnasium Michelstadt im Moment. Deshalb mein Aufruf: Interessiert euch für die SV-Arbeit! Wirkt mit, bestimmt mit und tragt dadurch euren Teil dazu bei, dass unsere Schule ein Ort der Gemeinschaft von Lehrern und Schülern wird beziehungsweise einfach bleibt!
In der nächsten „Mittelpunkt“-Ausgabe soll die SV-Arbeit Titelthema sein. Deswegen könnt ihr der Redaktion gerne Kommentare zu meinem Brief schreiben oder selbst Stellung zur SV-Arbeit und der Frage, wie sinnvoll diese Arbeit ist, beziehen.
Euer
Jork Herrmann, Schulsprecher des Gymnasiums Michelstadt