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Die Lehrrede von den Ursachen (Nidana-Sutta)


1. So habe ich es gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene zu Savatthi, im Jeta-Wald, im Hain des Anathapindika.

2. „Die ursächliche Entstehung, o Mönche, werde ich euch aufzeigen, werde ich zergliedern. Hört gut zu, seid aufmerksam; ich werde sprechen!“
„Jawohl, Herr!“ stimmten diese Mönche dem Erhabenen zu.

3. Der Erhabene sprach dies: „Was, o Mönche, ist die ursächliche Entstehung? Aus dem Nichtwissen als Ursache, o Mönche, (entstehen) die Gestaltungen; aus den Gestaltungen als Ursache (entsteht) das Bewusstsein; aus dem Bewusstsein als Ursache (entstehen) Name und Form; aus Name und Form als Ursache (entstehen) die sechs (Sinnes-) Bereiche; aus den sechs Bereichen als Ursache (entsteht) Berührung; aus der Berührung als Ursache (entsteht) Empfindung; aus der Empfindung als Ursache (entsteht) der Durst; aus dem Durst als Ursache (entsteht) das Ergreifen; aus dem Ergreifen als Ursache (entsteht) das Werden; aus dem Werden als Ursache (entsteht) die Geburt; aus der Geburt als Ursache entstehen Alter, Sterben, Kummer, Wehklage, Schmerz, Unmut und Unrast. So ist dieser ganzen Leidensmasse Ursprung.

4. Und was, o Mönche, sind Alter und Sterben? Der jeweiligen Wesen in der jeweiligen Wesensgattung Alter, Altwerden, Zahnausfall, Grauhaarigkeit, Runzligkeit, Kräfteschwund, Verfall der Sinneskräfte, das nennt man Alter. Der jeweiligen Wesen in der jeweiligen Wesensgattung Hinschwinden, Verfall, Zersetzung, Verschwinden, Tod, Sterben, (Lebens-) Zeitvollendung, Zerfall der (Körper-) Teile, das Niederlegen der Leiche (auf dem Totenplatz), das nennt man Sterben. So ist dies das Alter und dies das Sterben. Das nennt man, o Mönche, Alter und Sterben.

5. Und . was, o Mönche, ist die Geburt? Der jeweiligen Wesen in der jeweiligen Wesensgattung Geburt, Gebärung, Entstehung, Werden, Erscheinen der (Körper-) Teile, Ergreifen der (Sinnes-) Gebiete: das nennt man, o Mönche, Geburt.

6. Und was, o Mönche, ist das Werden? Dies sind die drei (Arten), o Mönche, des Werdens: Werden in der Sinnlichkeit, Werden in der Form, Werden in der Nichtform. Das nennt man, o Mönche, Werden.

7. Und was, o Mönche, ist das Ergreifen? Dies sind die viererlei (Arten), o Mönche, des Ergreifens: das Ergreifen der Sinnesbegierde, das Ergreifen der falschen Ansicht, das Ergreifen von Ritus und Zeremonie, das Ergreifen der Lehre vom Ich. Das nennt man, o Mönche, Ergreifen.

8. Und was, o Mönche, ist der Durst? Dies, o Mönche, sind die sechs Durstarten: Durst nach Gestalt, Durst nach Ton, Durst nach Geruch, Durst nach Geschmack, Durst nach Berührung, Durst nach Gegebenheiten. Das nennt man, o Mönche, Durst.

9. Und was, o Mönche, ist die Empfindung? Dies, o Mönche, sind die sechs (Arten) der Empfindung: die durch Sehberührung erzeugte Empfindung, die durch Hörberührung erzeugte Empfindung, die durch Riechberührung erzeugte Empfindung, die durch Schmeckberührung erzeugte Empfindung, die durch Körperberührung erzeugte Empfindung, die durch Geistesberührung erzeugte Empfindung. Das nennt man, o Mönche, Empfindung.

10. Und was, o Mönche, ist Berührung? Dies, o Mönche, sind die sechs Arten der Berührung: Sehberührung, Hörberührung, Geruchsberührung, Schmeckberührung, Körperberührung, Geistesberührung. Das nennt man, o Mönche, Berührung.

11. Und welches, o Mönche, sind die sechs (Sinnes-) Bereiche? Der Bereich der Augen, der Bereich der Ohren, der Bereich der Nase, der Bereich der Zunge, der Bereich des Körpers, der Bereich des Geistes. Das nennt man, o Mönche, die sechs (Sinnes-) Bereiche.

12. Und was, o Mönche, sind Name und Form? Empfindung, Vorstellung, Denken, Berührung, Überlegung, das nennt man Name. Die vier grossen Elemente und die von den vier grossen Elementen abhängige Form, das nennt man Form. So ist dies der Name und dies die Form. Das nennt man Name und Form.

13. Und was, o Mönche, ist das Bewusstsein? Dies, o Mönche, sind die sechs (Arten) des Bewusstseins: Sehbewusstsein, Hörbewusstsein, Geruchsbewusstsein, Geschmacksbewusstsein, Fühlbewusstsein, Denkbewusstsein. Das nennt man, o Mönche, Bewusstsein.

14. Und was, o Mönche, sind die Gestaltungen? Dies, o Mönche, sind die drei Gestaltungen: die Gestaltung der körperlichen Tätigkeit, die Gestaltung der Sprache, die Gestaltung des Denkens. Das nennt man, o Mönche, die Gestaltungen.

15. Und was, o Mönche, ist das Nichtwissen? Es ist dies, o Mönche, das Nichtwissen vom Leiden, das Nichtwissen von der Leidensentstehung, das Nichtwissen von der Aufhebung des Leidens, das Nichtwissen von dem zur Aufhebung des Leidens führenden Pfad. Das nennt man, o Mönche, Nichtwissen.

16. So also, o Mönche, (entstehen) aus dem Nichtwissen als Ursache die Gestaltungen; aus den Gestaltungen als Ursache (entsteht) das Bewusstsein; aus dem Bewusstsein als Ursache (entstehen) Name und Form; aus Name und Form als Ursache (entstehen) die sechs (Sinnes-) Bereiche; aus den sechs Bereichen als Ursache (entsteht) Berührung; aus der Berührung als Ursache (entsteht) Empfindung; aus der Empfindung als Ursache (entsteht) der Durst; aus dem Durst als Ursache (entsteht) das Ergreifen; aus dem Ergreifen als Ursache (entsteht) das Werden; aus dem Werden als Ursache (entsteht) die Geburt; aus der Geburt als Ursache entstehen Alter, Sterben, Kummer, Wehklage, Schmerz, Unmut und Unrast. So ist dieser ganzen Leidensmasse Ursprung. Aber eben aus der restlosen Aufhebung und Vernichtung des Nichtwissens (folgt) die Vernichtung der Gestaltungen; aus der Vernichtung der Gestaltungen (folgt) die Vernichtung des Bewusstseins; aus der Vernichtung des Bewusstseins (folgt) die Vernichtung von Name und Form; aus der Vernichtung von Name und Form (folgt) die Vernichtung von der sechs (Sinnes-)Bereiche;. aus der Vernichtung der sechs (Sinnes-) Bereiche (folgt) die Vernichtung von Berührung; aus der Vernichtung der Berührung (folgt) die Vernichtung der Empfindung; aus der Vernichtung der Empfindung (folgt) die Vernichtung des Durstes; aus der Vernichtung des Durstes (folgt) die Vernichtung des Ergreifens; aus der Vernichtung des Ergreifens (folgt) die Vernichtung vom Werden; aus der Vernichtung des Werdens (folgt) die Vernichtung von Geburt; aus der Vernichtung der Geburt (folgt) die Vernichtung von Alter, Sterben, Kummer, Wehklage, Schmerz, Unmut und Unrast. So erfolgt dieser gesamten Leidensmasse Vernichtung.
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