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Hitlers Weg zur
Macht
________________________ Henry A. Turner
Das innere Gefüge schwer erschüttert, die
finanzielle Lage trostlos, die Partei gespalten und Hitler vor dem Selbstmord.
Anfang Januar 1933 sind die Nazis fast am Ende. Knapp einen Monat später,
am 30. Januar 1933, ernennt Reichspräsident Paul von Hindenburg Hitler
zum Kanzler des Deutschen Reiches und ebnet so einem Mann den Weg, der ganz
Europa in die Katastrophe führt und über Millionen von Menschen
Tod und Verzweiflung bringt.
Wie es dazu kommen konnte, das analysiert
der amerikanische Geschichtsprofessor Henry Ashby Turner in diesem Werk,
das jetzt bei Luchterhand erschienen ist. Turner erzählt die Geschichte
einer Handvoll Männer, in deren Händen das Schicksal des Staates
und der Nation lag. Es ist eine Geschichte von Zufällen, Intrigen und
Verrat.
Elementare menschliche Gefühle
wie Rivalität, verletzter Stolz, enttäuschte Freundschaft und der
Drang nach Rache, gepaart mit Unfähigkeit und persönlichem Versagen
der Hauptakteure Hindenburg, Papen und Schleicher, führen zu einer fatalen
Konstellation, die am Ende keinen anderen Ausweg mehr zuläßt als
Hitlers Berufung zum Regierungschef.
"Manches, was politisch vielleicht
unverständlich erscheint, wird menschlich begreiflich, wenn man hinter
die Kulissen schaut." Es ist das Verdienst Turners, diesen Blick hinter die
Kulissen zu bieten, in dem er die Geschehnisse der Januarwochen 1933
minutiös beschreibt. Er vollzieht den Ablauf des dramatischen Geschehens
Tag für Tag nach und zeichnet ein detailliertes Charakterbild der
beteiligten Figuren. Eindrucksvoll führt der Autor hier vor Augen, daß
zwar historische und politische Faktoren, wie z.B. die Weltwirtschaftskrise,
den Boden bereitet haben, daß aber die tatsächliche
Machtübernahme Hitlers nur durch die Handlungen und Unterlassungen von
sechs Männern ermöglicht wurde.
Nüchtern und leidenschaftslos
trägt der Historiker die Fakten vor, was die handelnden Personen leicht
etwas hölzern wirken läßt; stellenweise fühlt man sich
an die Schilderung eines Schachspiels erinnert. Ein
Spannungsbogen und die stärkere Herausarbeitung der
Höhepunkte hätten das Buch zu einem Tatsachenroman gemacht, wie
man ihn spannender nicht hätte erfinden können.
©
G!G 20.5.97
Lese!zeichen
Henry A. Turner: Hitlers Weg zur Macht.
Aus dem Amerikanischen von E. Heinemann und Th. Pfeiffer
Luchterhand Literaturverlag, München 1996,
242 Seiten und Anhang,
39,80 DM
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