Deutsche Wahl 2002
Wollt ihr Schröder oder Stoiber ?
Hamburg - Zwei Drittel der Deutschen geben dem Unions-Kanzlerkandidaten Edmund Stoiber (CSU) eine realistische Chance, die Bundestagswahl im September gegen Kanzler Gerhard Schröder (SPD) zu gewinnen. Nur ein Viertel der Deutschen hält einen Sieg Stoibers laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts "Infratest dimap" für die "Welt am Sonntag" für völlig unwahrscheinlich.
Demnach sagten 67 Prozent der Befragten, Stoiber könne ihrer
Meinung nach gegen Schröder gewinnen. Nur 24 Prozent glaubten,
der Unionskandidat habe keine realistische Chance auf einen Wahlsieg.
Gefragt wurden 1050 Bundesbürger zwischen dem 14. und 18.
Jänner.
APA/AFP/ste
Nach der Kür des bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber zum Kanzlerkandidaten der Union hat der Wahlkampf in Deutschland voll eingesetzt. Bereits die ersten "Wahlzuckerln" werden vergeben. So kündigte CDU-Chefin Angela Merkel an, die Abgaben innerhalb der ersten 100 Tage zu senken, sollte der angepeilte Machtwechsel am 22. September dieses Jahres tatsächlich gelingen.
Für das Vorziehen der Steuerreform von 2005 auf 2003 könnte
man sogar kurzfristig eine höhere Neuverschuldung in Kauf
nehmen. Ob dabei freilich der als Sparmeister bekannte CSU-Vorsitzende
Stoiber mitziehen wird, ist fraglich. Zumal auch die EU erst vergangene
Woche das hohe Budgetdefizit Deutschlands kritisiert hatte. Von
besonderer Bedeutung für den Urnengang dürfte das TV-Duell
der Kanzlerkandidaten Stoiber und Gerhard Schröder (SPD)
sein. Da Wahlforscher von einem äußerst knappen Ergebnis
ausgehen, könnte der verbale Schlagabtausch im Fernsehen
über Sieg oder Niederlage entscheiden. Derzeit liegen die
Unionsparteien CDU/CSU in der Wählergunst mit 40 Prozent
Zustimmung knapp vor der SPD (38 Prozent).
Um im Bundestag mehrheitsfähig zu sein, drängt die CSU
angeblich den Hamburger Law and Order-Politiker Ronald Schill
zu einer bundesweiten Kandidatur. Der Ex-Richter, der in der Hanse-Stadt
einen Erdrutschsieg landete, könnte rechte Wähler binden,
denen Stoiber zu "bayerisch" ist.
Kurier/Print
Berlin - Der Kanzlerkandidat der deutschen Union, CSU-Chef Edmund Stoiber, will einen Medienexperten zu seinem Wahlkampfmanager machen. Der frühere Chefredakteur der "Bild am Sonntag", Michael Spreng, solle das Amt übernehmen, verlautete am Dienstag. Die Ernennung des 53-Jährigen solle am Nachmittag offiziell bekannt gegeben werden. Spreng ist als freiberuflicher Medienberater in Hamburg tätig.
Der Wahlkampfmanager Stoibers soll das Team des Kanzlerherausforderers
in Berlin leiten. Er soll aber nicht die Aktivitäten von
CDU und CSU koordinieren, wie Stoiber bereits früher mit
der CDU-Vorsitzenden Angela Merkel verabredet hatte.
Als Wahlkampfmanager war auch der frühere Chef der hessischen
Regierungszentrale, Franz Josef Jung, im Gespräch, er lehnte
aber ab. Jung war im Zusammenhang mit der Spendenaffäre der
hessischen CDU aus seinem Amt ausgeschieden.
APA/dpa/ste
Berlin - Für den deutschen Altkanzler Helmut Kohl ist die Zusammenarbeit von SPD und PDS in den Ländern ein "Vorlauf für den Bund". Wer in diesem Zusammenhang auf die Zusicherung von SPD- Generalsekretär Franz Müntefering vertraue, der solle sich "mal auf seinen Gesundheitszustand untersuchen lassen", sagte Kohl dem Münchner Magazin "Focus".
Müntefering erneuerte dagegen in der "Bild am Sonntag"
seine ablehnende Haltung: "Mit der PDS wird es auf der Bundesebene
definitiv keine Form der Zusammenarbeit geben, weder eine Koalition
noch sonst irgendwas." Das sei endgültig, meinte er.
"Die Masken fallen"
Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Kerstin Müller sagte
dem Blatt, sie zweifle "nicht an der Koalitionsfähigkeit
der PDS". "Allerdings wollen wir für den Bund lieber
eine eigene Mehrheit für Rot-Grün." Die CDU-Partei-
und Fraktionsspitze wertete dies als Eingeständnis. "Die
Masken fallen", sagte CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer
am Samstag.
Die Parteivorsitzende Angela Merkel sagte der "Bild am Sonntag",
"es ist gut, dass jetzt Klarheit herrscht". Der Unions-Fraktionsvorsitzende
Friedrich Merz sagte dem Blatt, die Alternativen für die
Bundestagswahl am 22. September seien jetzt klar: "Linksbündnis
und mehr Arbeitslose oder wirtschaftlicher Aufschwung mit einer
Regierung der Mitte."
München - Der Kanzlerkandidat der deutschen Union, Edmund Stoiber, hat sich für eine Aufstockung des Verteidigungsbudgets ausgesprochen. Die Kritik der Amerikaner an unzureichenden Ausgaben der europäischen Bündnispartner für moderne Militärausrüstung sei berechtigt, sagte Stoiber am Montag in München. Deutschland und Europa seien gefordert, die technologische Lücke zu schließen.
380 versus 140 Milliarden Dollar
Stoiber verwies auf den US-Verteidigungshaushalt in Höhe
von 380 Milliarden Dollar (440 Mrd. Euro). Die europäischen
Staaten würden dagegen zusammen nur 140 Milliarden Dollar
ausgeben.
"Enger aufeinander abstimmen"
"Das muss uns dazu zwingen, unsere Militärplanungen
enger aufeinander abzustimmen", sagte Stoiber. Es sei unnötig,
dass jedes Land die gleichen Kapazitäten bereit halte. Die
Kritik des deutschen Verteidigungsministers Rudolf Scharping,
der den Amerikanern mangelnden Willen zur Zusammenarbeit vorwarf,
ist nach Stoibers Ansicht ein Versuch, von Problemen im eigenen
Land abzulenken.
APA/dpa/ron
Berlin - Mit der Verabschiedung des ersten gemeinsamen Wahlprogrammes
ihres Geschichte haben CDU und CSU ihren Endspurt im deutschen
Bundestagswahlkampf eingeläutet. Die Präsidien beider
Parteien segneten am Montag in Berlin das Papier mit dem Titel
"Regierungsprogramm 2002/2006" ab, das die zentralen
Vorhaben der Union im Fall eines Wahlsieges am 22. September festhält.
Kanzlerkandidat Edmund Stoiber kündigte nach der Sitzung
einen Konvent zur Modernisierung Deutschlands an. Ziel der Expertenrunde
sei es, Entscheidungen zu beschleunigen und Blockaden aufzuheben,
sagte der CSU-Chef. Außerdem müsse das Verhältnis
von Bund und Ländern neu geordnet werden. Die CDU-Vorsitzende
Angela Merkel betonte: "Nach der vertanen Zeit von versprochen-gebrochen
tut der Wechsel Not."
Drei konkrete Schritte angekündigt
Für das Jahr 2003 kündigte Stoiber drei konkrete Schritte
an. Die fünfte Stufe der Ökosteuer soll nicht in Kraft
gesetzt und das Betreuungsangebot für Kinder soll ausgeweitet
werden. Als drittes ist ein Drei-Säulen-Modell geplant, das
mit abgesenkten Sozialversicherungsbeiträgen für Geringverdiener
und Kombilöhnen den Niedriglohnsektor fördern soll.
Finanziert werden sollten diese Schritte größtenteils
mit Umschichtungen und dem erwarteten Wirtschaftsaufschwung. "Das
Programm weist den Weg für die wirtschaftliche Erholung",
sagte Stoiber.
Schwerpunkt Wirtschaft
Schwerpunkt des Programms ist die Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik.
Unter dem Motto "Drei mal 40" will die Union die Staatsquote,
die Steuersätze und die Sozialabgaben jeweils unter 40 Prozent
drücken. Für 2004 wird eine große Steuerreform
angekündigt. Daneben ist die Wiedereinführung der 630-Mark-Nebenjobs
vorgesehen. Die Höchstgrenze soll sogar auf 400 Euro steigen.
Westerwelle hat noch nicht entschieden
Unterdessen hat der FDP-Parteivorsitzende Guido Westerwelle offen
gelassen, ob er als Kanzlerkandidat seiner Partei in den Wahlkampf
zieht. "Ich bin innerlich noch nicht entschieden", sagte
Westerwelle am Montag in Berlin. Innerhalb der FDP-Fraktionsspitze
werde diese Frage ganz unterschiedlich gesehen, sagte der Parteichef,
ohne Details zu nennen. Er schloss nicht aus, dass es auf die
K-Frage bei dem am Freitag in Mannheim beginnenden FDP-Bundesparteitag
bereits eine Antwort geben werde.
Die FDP gehe bekanntlich ohne Koalitionsaussage in den Wahlkampf.
"Da ist die Frage, ob es notwendig ist, dies noch mit einer
eigenen Kanzlerkandidatur zu unterstreichen", sagte Westerwelle.