CARPE DIEM
Nummer 2 (1997)H A N F - Droge
oder Nutzpflanze?-------------------------
von Alexander Meier
-------------------------Kein Gewächs auf der Erde ist so vielseitig einsetzbar wie Hanf. Cannabis sativa, so der lateinische Name, gehört zu den ältesten Kulturpflanzen unseres Planeten und wurde bereits vor über 4000 Jahren erstmals schriftlich erwähnt. Vor allem in China und Indien aber auch in Afrika, im Mittleren und Nahen Osten sowie im vorchristlichen Europa genoss Cannabis als Heilkraut einen hohen Stellenwert. Das Rauschmittel Haschisch, welches die Universalpflanze in neuerer Zeit in Verruf brachte, ist nur eines von zahlreichen, teils ökologischen Endprodukten dieser Pflanze.
Der Rohstoff
Cannabis übte einen entscheidenden Einfluss auf die Weltgeschichte aus. So druckte Gutenberg die erste Bibel auf Hanfpapier. Die Seefahrt wäre ohne Hanfprodukte (Segel, Tauwerk, Abdichtungen) undenkbar gewesen. Columbus hätte Amerika nicht entdeckt, wo die erste Verfassung auf Hanfpapier erschien oder Levi Strauss 1870 die ersten Jeans aus Hanf herstellte.
Noch während des 2. Weltkrieges war Hanf als Rohstoff bedeutend: Die Alliierten befreiten Europa mit Hilfe von Fallschirmen, Kleidern und Rucksäcken aus dem Rohstoff Hanf.
Auch in der Schweiz hatte früher fast jeder Bauernbetrieb einen "Hanfplätz" oder "Hanfpinten". Am längsten, bis Mitte 20. Jahrhundert, hielt sich die Hanfkultur zur Fasergewinnung im Bündnerland und im Emmental.
Das Genussmittel
Neben der Verwendung von Cannabis als Rohstofflieferant und Heilkraut hat auch die berauschende Wirkung der Pflanze die Menschheit seit jeher fasziniert. In China und dem Orient war das Haschischrauchen bei religiösen Festen oder Hochzeiten Bestandteil des sozialen Lebens.
Mit dem zunehmendem Einfluss der östlichen Kultur Anfang 20. Jahrhundert hielt ebenso das Haschrauchen in der westlichen Welt Einzug.
Die Revolutionen der 60er Jahre und die Rockmusik verhalfen dem Cannabis weltweit zum Durchbruch, wobei gewisse berühmte Musiker regelrechte Skandale auslösten. Mit der sogenannten "Love and peace"-Bewegung erreichten Marihuana und Haschisch bei uns ihren Höhepunkt.
Der Sündenbock
Bereits im Jahre 1925 wurde Hanf an der 3. Opiumkonferenz als Droge ins internationale Abkommen aufgenommen und damit der Gebrauch illegalisiert. In der Schweiz fand die Pflanze 1951 seinen Platz im Betäubungsmittelgesetz. Seit 1975 ist der Genuss von Cannabis in unserem Land endgültig verboten und gesetzlich den harten Drogen Heroin und Kokain gleichgestellt.
Mit der Verteufelung als Genussmittel und neuen Rohstoffen wie Baumwolle, Schafwolle und Seide, verschwand Hanf bei uns bis vor kurzer Zeit als Nutzpflanze fast vollständig.
Die Renaissance
Erst in letzter Zeit wird die Nutzpflanze Cannabis langsam wieder neu entdeckt. Was alles aus Hanf hergestellt werden kann, zeigen Hanfläden in Zürich, Bern oder Basel. Das Angebot reicht von Textilien über Seifen, Shampoos, Oele, Farben bis zu Papier oder Baumaterialien. Der Vorteil des robusten Krauts liegt darin, dass praktisch von der Wurzel bis zur Blütenspitze alles verwertet werden kann. Die Umweltorganisationen WWF und Greenpeace unterstützen deshalb mit Vorbehalten den teils ökologischen Rohstoff (siehe Kasten).
Noch müssen die meisten Produkte importiert werden, da seitens der weiterverarbeitenden Industrie Abnehmer fehlen. Dies obwohl in der Scheiz der Anbau von Hanf als Nutzpflanze nie verboten war und in gewissen Fällen gar vom Bundesamt für Landwirtschaft unterstützt wird. Immerhin konnten letzten Herbst rund 400 Tonnen geerntet werden. Ein willkommener Zusatzverdienst für einige Bauern.
Das Heilmittel
Einige Zeit dürfte es noch dauern, bis Hanf auch wieder als Heilmittel anerkannt wird. Der berauschende Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC) wirkt unter anderem muskelentspannend und brechreizhemmend wie diverse Forschungen ergaben. Als Medikament könnte Cannabis in der Krebs- und Aids-Heilung als Schmerzmittel eingesetzt werden. Die Befürchtungen des Missbrauchs von Hanf als Droge sind allerdings noch zu gross, um eine baldige Wiedergeburt des Heilkrauts Cannabis zu erwarten. Die schon länger geforderte Entkriminalisierung könnte einige Ängste beseitigen und zum endgültigen Druchbruch der Universalpflanze Hanf verhelfen.
Diverse Hanf-Produkte
© 1997 by A. Meier, Switzerland
Last update: 19.03.97